Gregor Mayer, Bernhard Odehnal: „Aufmarsch – Die rechte Gefahr aus Osteuropa“

Es ist lange bekannt und war zu erwarten, dass charakterlich schwache Menschen und vor allem Jugendliche, die unter einem sozialistischen System aufgewachsen sind, nach der Wende dazu tendierten, dem Pendelausschlag ihrer politischen Gesinnung ins andere Extrem zu folgen und sich mit rechtem Gedankengut anzufreunden.

Aber 20 Jahre danach sollte die Freiheit des politischen Denkens doch endlich den Kinderschuhen entwachsen sein und den rechtsradikalen Sandkastenspielen eine Absage erteilen. Jedoch leider weit gefehlt: In Osteuropa hat sich die rechte Ratte sehr gut eingenistet und es sich im Speckmantel des aufstrebenden Kapitalismus bequem gemacht.

Prägnantestes Beispiel ist die rechts-demokratische Regierung Ungarns, die den demokratischen Titel nur noch als Feigenblatt für eine relativ unverhohlen rassistische Innenpolitik und Meinungsmache benutzt. Es werden Menschen schikaniert, ausgegrenzt und umgebracht in Ungarn. Es sind keine Juden, sondern vor allem Sinti und Roma, die den Hass der Rechtsnationalen zu spüren zu kommen, die, wenn nicht im Auftrag, so doch mit Duldung der Budapester Regierung morden und brandschatzen.

Doch Ungarn ist nur ein osteuropäisches Land unter vielen, und in den Ländern des ehemaligen Ostblocks haben die rechten Ideen Konjunktur. Neben Ungarn haben auch die Tschechische Republik, Slowakei, Serbien, Kroatien und Bulgarien mit dem Aufmarsch der Rechten zu kämpfen.

Die radikalen Krawallmacher sind hierbei nicht die eigentliche Gefahr, sondern die geschickten, rechten Demagogen, die sich mit nationalzentrierten und volksverhetzenden Parolen der Angst der Schwachen und der durch den Turbo-Kapitalismus Benachteiligten bedienen und mit ihren Anti-Ausländer-Kampagnen auf breite Unterstützung stoßen.

Der Trick ist alt, und auch Hitler hat es nicht zuerst erfunden: Bediene dich der Macht der Vielen, um Deine Sache nach vorne zu bringen. Rede dem Volk nach dem Maul, und du wirst siegen.

Gefährlich ist vor allem die Ohnmacht der demokratischen Kräfte. Ihre Parolen wirken lauwarm und butterweich. Toleranz ist ein hohes Gut und eine kulturelle Errungenschaft, die seit der Aufklärung in Europa Tradition hat. Jedoch im Kampf gegen die rechten (und übrigens auch der linksextremen!) Verführer ist Toleranz nicht angebracht. Wenn dir jemand die linke Hand abhackt, dann brauchst du nicht aus Toleranzgründen auch noch die rechte hinzuhalten.

Kurzum: Die rechte Gefahr ist real. Diese Menschen sind gefährlich und gemein, also gemeingefährlich, und gehören mit denselben Mitteln bekämpft, die sie anwenden. Es soll auch einzelne Erfolge bei der Sozialarbeit und Re-Integration ehemaliger Rechtsextremer in die Gesellschaft geben; aber das Gros der gewaltbereiten rechten Holzköpfe, Mörder und Brandschatzer sollte man als ebensolche vor dem Gesetz behandeln: als Gewalttäter, Mörder und Brandschatzer.

Nur wer ist hierzu noch in der Lage, wenn die rechten Kräfte bereits (zum Teil mehrheitsfähig) in der Regierung sitzen und auch die Gesetze (mit-)bestimmen können? Hier helfen nur eine internationale Öffentlichkeit, die korrigierend auf die jeweiligen National-Regierungen einwirkt – das kann und muss die EU leisten! – sowie die demokratischen Kräfte im Lande selbst, die erneut den Reform- und Demokratisierungs-Prozess in ihrem Land anstoßen und begleiten.

Gregor Mayer und Bernhard Odehnal sind als Österreicher aufgrund der geographischen Lage Österreichs deutlich näher dran an den politischen Entwicklungen in Osteuropa. Als Journalisten haben sie Zugang zu allen nötigen Quellen, um ein aktuelles Bild der politischen Schieflage Osteuropas zu zeichnen.

Es tut sich was in den osteuropäischen Gesellschaften. Die Entwicklung ist Besorgnis erregend und erinnert uns daran, dass auch Österreich und Deutschland nicht frei von rechten Strömungen sind. Das Buch liefert klare Beweise dafür, dass hier eine politische Radikalisierung in Gang gekommen ist, die den historischen Entwicklungen der 1920er Jahren zum Teil nicht unähnlich ist.

Wir sollten also genau hinschauen und im eigenen Land den Anfängen wehren. Denn noch leben wir in demokratischen Ländern mit freier Meinungsäußerung und multikulturellen Gesellschaften. Wie schnell sich das ändern kann, machen uns die osteuropäischen Staaten gerade vor.

Autor: Gregor Mayer, Bernhard Odehnal
Titel: „Aufmarsch – Die rechte Gefahr aus Osteuropa“
Gebundene Ausgabe: 297 Seiten
Verlag: Residenz
ISBN-10: 3701731756
ISBN-13: 978-3701731756

Hat Ihnen die Rezension weiter geholfen? – kulturbuchtipps ist ein unabhängiges Medium für Rezensionen von Büchern und Medien aus den Kultur- und Geisteswissenschaften. Damit dies auch so bleiben kann, brauchen wir Ihre Unterstützung: Wenn Sie dieses Buch kaufen möchten, benutzen Sie bitte den folgenden Link zu unserem KULTURBUCHLADEN oder unterstützen Sie unsere Arbeit mit einer kleinen Spende. – Vielen Dank!