Nach der Wende war Schluss mit lustig. Von der einst blühenden Landschaft des Verlagswesens der DDR mit immerhin 78 lizenzierten Verlagen (1990) existieren heute gerade noch zwölf in eigenständiger Form. Das Meiste wurde privatisiert, abgewickelt, und die guten Namen wurden in westliche Verlagshäuser integriert.
In den ostdeutschen Bundesländern werden heute nur noch 2,2% der Buchtitel erstellt. Wenn man Berlin aus dieser Rechnung herausnimmt, so machte dies (2006) nur einen Umsatzanteil von 0,9% am Literaturbetrieb aus.
In Christoph Links’ Buch „Das Schicksal der DDR-Verlage“ darf man noch einmal in Erinnerungen schwelgen. Wie auf einer Bühne treten alle wichtigen Verlage des kleinen Landes zwischen Elbe und Oder noch einmal auf, um danach endgültig in Vergessenheit zu geraten. Jetzt aber Bühne frei für die Verlage des „ersten sozialistischen Staates auf deutschem Boden“ – vom Akademie Verlag bis zum Verlag Volk und Wissen.
Interessant ist die Sortierung des Autors nach „staatlichen Verlagen“, Verlagen, die vom DDR-Staat enteignet und übernommen wurden, partei- und organisationseigenen Verlagen sowie kirchlichen und wenigen privaten Verlagen (meist unter staatlicher Treuhandschaft).
In einer umfassenden Einführung in das Thema gibt Christoph Links dem (West-)Leser sachdienliche Hinweise zur Entwicklung der Eigentumsverhältnisse in der SBZ/DDR (1945-1989). Danach folgt ein interessantes Kapitel über die Situation der DDR-Verlage in der Auflösungsphase 1989/90. Ein weiterer Abschnitt über den Umgang der Treuhand mit den Verlagen und den Hintergründen der Treuhandpolitik in diesem sensiblen Bereich kultureller Identität schließt die wichtige Einführung ab.
Den Hauptteil des Buches machen die Verlagsportraits aus. Nach der Skizzierung der DDR-Zeit der einzelnen Verlage folgt im zweiten Teil ein kurzer Abriss der (Leidens-)Geschichte nach der Wende. Oft ist es die bekannte Leidensgeschichte mit Privatisierung, Aufspaltung und Abwicklung; nur selten wurde daraus eine Erfolgsgeschichte.
Wie man auch zu der staatlich gelenkten und der staatlichen Zensur unterworfenen Literaturproduktion der DDR stehen mag; die massenhafte Abwicklung und das Schicksal der DDR-Verlage ist ein trauriges Kapitel der deutschen Kulturgeschichte nach der Wende. Es wurde höchste Zeit, dass dieses Schicksal einmal umfassend dokumentiert wird. Der politisch ausgerichtete Ch. Links Verlag scheint hierfür geradezu prädestiniert zu sein.
„Das Schicksal der DDR-Verlage“ darf als Standardwerk zu diesem Thema gelten. Auch wenn die Zerstörung der DDR-Verlagslandschaft nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, so könnte dieses Buch neben der Aufarbeitung der Vergangenheit womöglich auch helfen, ähnlichen Fehlern in der gegenwärtigen Situation der zunehmenden Verlagskonzentrationen vorzubeugen. Denn aus Fehlern kann man lernen.
Autor: Christoph Links
Titel: „Das Schicksal der DDR-Verlage – Die privatisierung und ihre Konsequenzen“
Broschiert: 352 Seiten
Verlag: Ch. Links Verlag
ISBN-10: 3861535955
ISBN-13: 978-3861535959
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