Seit vielen Jahren gehört Martin Suter zu den erfolgreichsten Schweizer Autoren. Jede Neuerscheinung wird, wenn auch nicht immer einhellig vom Feuilleton und der Literaturkritik gefeiert, so doch auf jeden Fall ein finanzieller Erfolg. Wie nur wenige Vertreter seiner Zunft versteht es Suter, beim Leser mit wenigen Worten und mehr skizzierten als detailliert gezeichneten Charakteren das imaginäre Bild einer Wirklichkeit zu zeichnen, das sowohl der landläufigen Vorstellung als auch der individuell erfahrbaren Realität des modernen Lebens in den Städten recht nahe kommt.
Erst kürzlich war der Autor wieder ganz breit in den Medien vertreten. Nach der mit großer Aufmerksamkeit der Medien verfolgten Veröffentlichung seines letzten Romans „Der Koch“ und der Verfilmung seines schon etwas älteren Romans „Small World“ mit Gérard Dépardieu in der Hauptrolle erscheint nun mit „Allmen und die Libellen“ zum ersten Mal ein echter Kriminalroman von Martin Suter.
Nicht nur ein Kriminalroman soll es sein, sondern der Auftakt zu einer Krimi-Serie aus Martin Suters Feder. Das macht neugierig, und soviel sei jetzt schon verraten, die Geschichte ist schön erzählt und macht die Lektüre sehr angenehm.
Martin Suter hat in seiner literarischen Laufbahn schon vieles ausprobiert. Meistens spielen seine Geschichten in den Chefetagen des Managements oder in anderen höheren Gefilden, in denen sich der Normalleser im realen Leben nicht unbedingt aufhält. Auch „Der Koch“, in dem es um einen tamilischen Koch geht, der erfolgreich einen Catering Service für aphrodisierende indische Gerichte aufbaut und dabei letztlich auch in die internationale Politik eingreift, spielt in einem gehobenen Milieu, versucht aber gleichzeitig die prekäre Situation von Illegalen in der Schweiz sowie die Ungerechtigkeit des Bürgerkrieg auf Sri Lanka anzuklagen, was nur bedingt gelingt.
„Allmen und die Libellen“ nun ist ein Kriminalroman, womit sich der Schriftsteller auf bislang unbekanntes Terrain begibt. Von der Kritik wird vielen Texten Suters eine allzu skizzenhafte und schwache Charakterisierung der Protagonisten vorgeworfen. In diesem neuen Buch ist diese vermeintliche Schwäche jedoch von Vorteil. Es sei unterstellt, dass man einen Kriminalroman anders liest als ein Buch, das einen (vermeintlich) höheren literarischen Anspruch hat. Vielleicht zu Unrecht gelten Krimis immer noch allgemein als leichtere Literaturgattung. Ausnahmen bestätigen auch hier natürlich die Regel. Aber dieser Kriminalroman von Manfred Suter gaerantiert eine unterhaltsame und schnelle Lektüre: „Allmen und die Libellen“ liest man gern und in einem Rutsch.
Johann Fritz von Allmen ist ein Bonvivant mit finanziellen Problemen und einem kreativen Verhältnis zur Behebung pekunärer Engpässe. Er lebt auf großem Fuß, würde man sagen. Allein die Passagen, die uns von Allmen als einen Menschen vorstellen, der eine umfangreiche Bibliothek sein Eigen nennt und ein leidenschaftlicher Vielleser ist, machen ihn zu einer sympathischen Identifikationsfigur. Die Geschichte einiger wertvoller Jugendstil-Glasschalen des französischen Glaskünstlers Emile Gallé spielt in noblen Schweizer Kreisen. Man bewegt sich in einer Welt des Luxus, und der Leser hält sich auch mit dem neuen Protagonisten Allmen in Gefilden auf, zu denen ihm normalerweise der Zutritt verwehrt ist.
Aber lesen Sie doch einfach selbst! „Allmen und die Libellen“ knapp 200 Seiten dick, ideal für eine Zugfahrt oder als Reiselektüre für ein schönes Wochenende. Viel Spaß beim Lesen!
Autor: Martin Suter
Titel: „Allmen und die Libellen“
Gebundene Ausgabe: 194 Seiten
Verlag: Diogenes
ISBN-10: 3257067771
ISBN-13: 978-3257067774
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