Marcellinus Prien und Lothar Uebel: „Berliner Elefantenmarke – Die Geschichte der Likörfabrik Mampe“

Alles begann in Pommern vor fast zweihundert Jahren. Der praktische Arzt und Preußische Geheime Sanitätsrat Dr. Carl Friedrich Mampe war sich sicher, ein probates Mittelchen gegen die gerade mal wieder in Preußen wütende Cholera gefunden zu haben. Seine Bitteren Tropfen hatten alles, was es zu einer perfekten Medizin brauchte: die fachliche Expertise (Stichwort: Sanitätsrat!), sie schmeckten bitter, wie jede gute Medizin, und sie kamen zur rechten Zeit am richtigen Ort zur Welt.

Obwohl ihre Wirksamkeit gegen die Cholera niemals wirklich medizinisch bewiesen werden konnte, verkauften sich Dr. Mampes Bittere Tropfen, wie sie schon bald hießen, bestens, so dass sich schon wenige Jahre später die beiden Halbbrüder Carls mit dem überlieferten Geheimrezept anschickten, die Tropfen und andere Destillate gewinnbringend und im großen Stil zu verkaufen.

Wie es nun oft bei Brüdern der Fall ist, die sich in der Wirtschaft unternehmerisch betätigen, hatten sich die beiden schon bald zerstritten, und jeder behauptete von sich, das echte Geheimrezept für die Bitteren Tropfen zu besitzen. — Der eine blieb (ab 1835) im pommerischen Stargard, der jüngere Bruder eröffnete erst 1852 in Köslin (ebenfalls Pommern) seine Likörfabrik. Der Ältere war erfolgreicher, und so ging man dorthin, wohin es alle erfolgreichen Pommeraner seinerzeit zog, man ging nach Berlin und eröffnete in der Veteranenstraße 1 den neuen Firmensitz der Carl Mampe Likör-Fabrik.

Das Geschäft mit den Bitteren Tropfen blieb natürlich nicht das einzige; schon bald konnte man sich stolz Groß-Destillation nennen, vertrieb eine ganze Reihe von Likör-Variationen, Getreide-Kümmel und anderen Destillaten. Die größere Bedeutung der Fabrik spiegelte sich auch in der neuen Erkennungsmarke wider: ein weißer Elefant auf rotem Grund.

Wie man auf den Elefanten kam, ist nicht bekannt. Vielleicht waren es die typischen Assoziationen, die sich mit dem Elefanten verbanden — Stärke, Präsenz, Ruhe und Kraft? Auf jeden Fall ist seitdem der Elefant untrennbar mit dem Wort Mampe verknüpft, und jeder Berliner kannte und kennt den weißen Mampe-Elefanten.

Dass es zu dieser Bekanntheit kam, dafür gab es Ende des 19. Jahrhunderts eine einfache Erklärung: Der „Reklame-Fachmann“ Robert Emil Julius Exner trat als neuer Teilhaber in die Likörfabrik ein, heiratete die Witwe Carl Mampes und wurde somit in Personalunion Firmenchef und Werbeleiter von Mampe. Der Rest ist Geschichte, wie man so schön sagt:

Exner war offensichtlich ein begnadeter und äußerst kreativer Werbefachmann. Er machte den weißen Mampe-Elefanten zum zentralen Erkennungszeichen der Firma. Er ließ spezielle Flaschenformen für die Liköre entwerfen, setzte auf breitgestreute Werbung und schuf mit den Mampe-Stuben einen weiteren Vertriebszweig für die immer größer werdende Produktpalette der Fabrik.

In jene Zeit (Ende des 19. Jahrhunderts) fiel auch die Entwicklung eines der bekanntesten Produkte der Firma: Mampe Halb und Halb, eine Mischung aus Pomeranzen-Likör und Bitter (den Bitteren Tropfen), wieder ein Produkt, das untrennbar mit dem Namen Mampe verbunden war.

(…)

Bevor in dieser Besprechung zu viel vom weiteren Verlauf der Firmengeschichte verraten wird, sei an dieser Stelle nur noch angemerkt, dass die Firma kurz nach der Wende 1992 wegen mehrerer betrieblicher Fehlentscheidungen in Konkurs ging, jedoch 2013 durch ein junges und engagiertes Team wieder zum Leben erweckt wurde und heute wieder (zumindest mit den Kernmarken der ehemaligen Fabrikation) in kleinerem Umfang mit sehr viel Herzblut und Liebe zum Produkt am Tempelhofer Weg 6 in Kreuzberg produziert. Wer in Berlin lebt oder seinen Weg nach Berlin findet, sollte dem Mampe-Shop (der sich in den Produktionsräumen befindet!) einen Besuch abstatten; es lohnt sich!

Das vorliegend Buch aus dem BeBra-Verlag ist ebenfalls ganz offensichtlich mit viel Liebe zum Produkt und zum historischen Detail recherchiert, geschrieben und publiziert worden. Es liefert dem interessierten Leser alle wichtigen Details der bewegten Firmengeschichte, beschenkt ihn aber vor allem mit einer Fülle historischer Aufnahmen und viele Abbildungen schöner, teilweise auch kurioser Werbemittel aus der langen Mampe-Geschichte. Vor allem jede Menge Elefanten, das ist klar.

Für „echte“ Berliner, die vielleicht schon etwas älter sind, gehörte Mampe zum Stadtbild. Auf Bussen und an Litfaß-Säulen, in den Fenstern der Kneipen — überall war der weiße Mampe-Elefant gegenwärtig. Das ist nun schon lange her, aber vielleicht schlägt ja irgendwann wieder die Stunde des weißen Elefanten — jetzt wo es eine neue/alte Mampe-Likörfabrik in Kreuzberg gibt, die demnächst ihr 10-jähiriges Jubiläum feiert. — Und vielleicht gibt es auch bald wieder einen neuen Platz für die umfangreiche Sammlung des privaten Mampe-Museums von Karin Erb, die mit ihren Schätzen zu dem wunderschönen Erscheinungsbild dieser liebevollen Buchproduktion beigetragen hat. — Mit dem neuen Buch über die „Berliner Elefantenmarke“ wird nun endlich eine echte Berliner Institution gewürdigt, die heute in ihrer langen Tradition von den Älteren wiederentdeckt und von den Jüngeren erst kennengelernt werden möchte.

 

Autor: Marcellinus Prien und Lothar Uebel
Titel: „Berliner Elefantenmarke – Die Geschichte der Likörfabrik Mampe“
Herausgeber: ‎be.bra Verlag
Gebundene Ausgabe: ‎144 Seiten
ISBN-10: ‎3814802632
ISBN-13: ‎978-3814802633