Alexander Bogner: „Die Epistemisierung des Politischen — Wie die Macht des Wissens die Demokratie gefährdet“

Man hätte es eigentlich schon früher merken können, aber seit der Corona-Pandemie ist es ganz offensichtlich: In der politischen Öffentlichkeit — und nicht nur hier — haben die Experten die Macht übernommen. Deutlich häufiger als früher treten in den Medien eloquente Sprecher von Instituten, Wissenschaftler mit Fachkompetenz, Meinungsforscher und Krisen-Manager auf. Allesamt Experten, Menschen, die Ahnung haben und Bescheid wissen. Sie erklären die Lage, weisen auf Risiken und Nebenwirkungen hin, geben Empfehlungen und stehen der Politik in allen Sachfragen beratend zur Seite.

Eigentlich, so sollte man denken, ist daran doch nichts verkehrt. Es ist doch richtig und irgendwie auch beruhigend, wenn Politiker nicht einfach aus dem Bauch heraus Entscheidungen treffen, sondern sich zuvor fachlich beraten lassen … Das stimmt zwar, aber die politische Entwicklung geht seit einiger Zeit in eine andere Richtung: Begonnen hat es mit der Lobbyarbeit von Wirtschaftsunternehmen, die eben nicht nur „beratend“ tätig sind, sondern zu weiten Teilen auch an Gesetzesvorlagen mitarbeiten bzw. gleich die fertigen Entwürfe vorlegen.

Während der normale Durchschnittspolitiker mit den fachliche Feinheiten seines Fachgebiets oft überfordert ist, weiß der Lobbyist zu jeder Tages- und Nachtzeit, welche Interessen sein Auftraggeber hat und in die Form von Gesetzen und Verordnungen gegossen haben möchte. Dementsprechend wird er seine beratende Funktion ausüben. Das Ergebnis dieser Unterstützung ist für den Normalbürger kaum zu beurteilen. Und für den Normalpolitiker auch nicht.

Wie stellt sich nun aber jene von Alexander Bogner unterstellte „Epistemisierung des Politischen“ dar? Worin liegen die Unterschiede zur Lobbyarbeit und wo die Berührungspunkte? — Bogner versteht und verwendet den Begriff der Epistemisierung als ein immersives Phänomen moderner Demokratien; dementsprechend spricht er auch von einer „Epistemokratie“. In epistemokratischen Gesellschaften geht die Gewalt nicht mehr vom Volke aus — gemäß dem Wortsinn von Demokratie —, sondern eben vom Wissen bzw. von den Wissensträgern.

Klimawandel, Corona, Impfkontroverse und Kriminalitätskontroverse sind vier Beispiele, welche in diesem Reclam-Band vor dem Hintergrund eines epistemokratischen Wandels der Entscheidungskompetenzen diskutiert werden.

Alexander Bogner ist Privatdozent für Soziologie in Wien und Senior Scientist am Institut für Technikfolgen-Abschätzung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Mit anderen Worten weiß er ziemlich genau, wovon er redet.

Die Reclam Reihe [Was bedeutet das alles?] widmet sich philosophischen und gesellschaftlichen Fragen der Gegenwart — was die Veröffentlichung auch antiker Texte nicht ausschließt! —, und Bogners 134 Seiten starke Untersuchung zur Epistemisierung des Politischen passt gut in diese Reihe und zur aktuellen Lage der westlichen Demokratien in Zeiten von Corona und Klimawandel.

Der Text ist gut verständlich geschrieben und beleuchtet das Thema von möglichst vielen Seiten. Ebenso versucht der Autor auch theoretische Grundlagen und kontroverse Standpunkte aus Soziologie, Philosophie und Politikwissenschaft einzubeziehen, was manche Passagen etwas sperrig macht. Jedoch insgesamt handelt es sich um einen interessanten Ansatz, die Transformationen unserer demokratischen Gesellschaften hin zu einer von Wissensträgern geführten Wissensgesellschaft zu erklären.

 

Autor: Alexander Bogner
Titel: „Die Epistemisierung des Politischen — Wie die Macht des Wissens die Demokratie gefährdet“
Herausgeber: Reclam Verlag
Gebundene Ausgabe: 143 Seiten
ISBN-10: 3150113431
ISBN-13: 978-3150113431

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