Martin Suter: „Der Koch“

Wir schreiben 2008, das Jahr der Krise. Die Weltwirtschaft kommt ins Straucheln, nachdem Lehman Bros. von der obersten amerikanischen Finanzbehörde fallen gelassen wurde. Banken gehen kaputt, Kredite werden eingefroren und ganze Länder gelangen an den Rand des Staatsbankrotts. Es herrscht ein eisiger Wind in der Welt der Wirtschaft.

Maravan ist Tamile. Er arbeitet in einem Edelrestaurant, dem „Huwyler“, in dem auch die lokalen Wirtschafts- und Finanzgrößen ein und aus gehen.

Stammgast im „Huwyler“ ist auch Dalmann, ein Geschäftsmann der besonderen Sorte, der auch in ein Waffengeschäft verwickelt ist, das die Krisenregion mit alten Schweizer Schützenpanzern versorgt.

Maravan lebt bescheiden in der Theodorstraße, in einem Mietshaus voller Inder und Tamilen. Einen Teil seines Geldes schickt er nach Hause zu seiner Familie. Dort in Sri Lanka wütet der seit vielen Jahren tobende Bürgerkrieg zwischen den Separatisten und den Regierungstruppen schlimmer denn je.

Maravan ist kein gewöhnlicher Küchengehilfe wie die meisten Tamilien in diesem Land; Maravan ist ein Zauberer. Seine Kochkünste hat er schon als Kind bei seiner Tante Nangay in Sri Lanka gelernt. Doch Nangay ist alt und krank. Sie bräuchte eine teure Medizin, die es zwar in der Schweiz gibt, die aber auch Maravan nicht bezahlen kann.

Als er nach einer Essenseinladung bei sich zuhause seine hübsche Kollegin Andrea verführt, ist er sich seiner Kochkünste und deren aphrodisierender Wirkung bewusst. An seinen verborgenen Fähigkeiten muss etwas dran sein, denn Andrea ist eigentlich Lesbe; Maravan ist ihr erster Mann…

Maravan nimmt allen Mut zusammen und verwirklicht seinen Traum von der eigenen Selbständigkeit. Zusammen mit Andrea gründet er LoveFood, einen indischen Catering-Service der ganz besonderen Art. Das Geschäftskonzept schlägt in der feinen Gesellschaft ein wie eine Bombe. Das Geschäft floriert, die meisten Kunden stammen aus dem „Huwyler“, den Rest erledigt die Mundpropaganda. Jetzt hat Maravan genug Geld, um seiner kranken Tante Nangay, der er alles verdankt, das teure Medikament zu besorgen, das sie wieder gesund machen soll.

Während einer Tram-Fahrt lernt er die hübsche junge Tamilin Sandana kennen. Später feiern sie gemeinsam im tamilischen Kulturzentrum das Pongal-Fest, eine Art Erntedankfest. Sandana ist eine Vaishya und Maravan stammt aus der untergeordneten Shudra-Kaste; das geht also gar nicht. Doch nach dem Fest bittet sie Maravan, bei ihm bleiben zu dürfen, denn sie soll von ihrer Familie zwangsverheiratet werden. Er lässt Sandana bei sich übernachten, malt sich sogar schon mehr aus, aber dann zieht sie zu einer Arbeitskollegin. Später entwickelt sich eine zarte Liebesgeschichte zwischen den beiden.

Martin Suter durchzieht sein Buch mit ausführlichen Zubereitungsanweisungen und Rezepten für wirklich raffinierte Gerichte. Maravan ist ein molekularer Koch, dem es mit Hilfe komplizierter Apparaturen gelingt, die Essenzen aus Kräutern und Gewürzen zu ziehen. Schon die Menülisten klingen wie ein indischer Traum: „Zimtcurrykaviar-Chapatis – In Gelbwurz marinierte Babysnapper mit Molee-Curry-Sabayon – Gefrorene Mango-Espuma – Koteletts vom Milchlamm in Jardaloo-Essenz mit Dörraprikosenpüree – Buchholzgeräuchertes Tandoori-Stubenküken auf Tomaten-Butter-Paprikagelee – Kulfi mit Mangoluft“.

Ebenso wie Maravan ein begnadeter Künstler und Zauberer der molekularen Küche ist, schreibt der Wort-Magier Martin Suter in diesem aphrodisierenden Küchen-Roman eine Geschichte von Liebe und Gewürzen, von Krisen, Bürgerkriegen und Waffengeschäften, von Maravan und Sandana, Andrea und Makeda, vom Aufstieg und Fall von LoveFood und von der Hoffnung auf einen baldigen Frieden für Sri Lanka.

Immer wieder streut Suter aktuelle Begebenheiten aus der Zeit ein: Barack Obama bei seiner Berliner Rede, ein weiterer Befreiungsschlag der LTTE, Wirtschafts- und Börsennachrichten und eine kurze Notiz vom Schulmassaker von Winnenden.

Als Nangay unerwartet nach einem Herzinfarkt stirbt, erfährt Maravan, dass Nangay vor zwei Jahren bereits einen schweren Infarkt hatte. Sie hätte das Medikament nicht nehmen dürfen, aber sie hatte ihm nichts von ihrer Herzschwäche verraten, damit er nicht nach Hause zurück kehrte.

Dalmann hat mit seinem Waffengeschäft den Krieg in Sri Lanka aktiv unterstützt. Auch er hat ein schwaches Herz und muss auf sich Acht geben. Doch er wünscht sich ein erotisierendes Mahl von LoveFood. Und so bereitet ihm Maravan ein ganz besonderes Menü.

Martin Suter schreibt wie immer brillant, sehr detailgenau und mit einer temporeichen und packenden Sprache. „Der Koch“ ist der nächste Bestseller des Schweizer Erfolgsautors. Dafür sorgen allein schon der spannende Plot und die routinierte Erzählkunst des Autors.

Am Ende dieser vielschichtigen und spannungsreichen Geschichte setzt Martin Suter noch eins drauf und verwandelt seinen Roman in ein Kochbuch. Im Anhang finden sich auf 16 Seiten „Maravans Rezepte“ zum Nachkochen. Dann viel Spaß!

„Der Koch“ – der neue Roman von Martin Suter, den Sie mit allen Sinnen genießen können.

Autor: Martin Suter
Titel: „Der Koch“
Gebundene Ausgabe: 272 Seiten
Verlag: Diogenes
ISBN-10: 3257067399
ISBN-13: 978-3257067392

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