Per J. Andersson: „Vom Schweden, der den Zug nahm und die Welt mit anderen Augen sah“

Manchmal finden wir gerade in der Beschränkung des Gewohnten einen ungekannten Reiz, der uns ermöglicht, das Neue zu entdecken, entweder in Bezug auf das Gewohnte oder auf uns selbst.
Der schwedische Schriftsteller und Reisejournalist Per J. Andersson ist berühmt für seine bunten und spannenden Reisereportagen aus den entlegensten Ecken der Welt und für seine wunderbaren Romane.

Jetzt hat sich Andersson — noch vor der Corona-Pandemie 2020, aber im Zeichen des Hypertourismus mit seinen ökologischen Schattenseiten — darauf besonnen, mit dem Zug zu reisen. Eine Kindheitserinnerung, in der er mit seiner Großmutter im Zug nach Bohuslän in Dalarna fuhr, wo sie und sein Großvater lebten, gab den Anstoß, kritisch über das eigene Reiseverhalten nachzudenken und die alten Gewohnheiten zu hinterfragen.

Die Erfahrungen, die Per J. Andersson daraufhin Zug um Zug machte, können wir nun in dem schönen neuen Buch „Vom Schweden, der den Zug nahm und die Welt mit anderen Augen sah“ nachlesen. Das Taschenbuch ist im C.H. Beck Verlag erschienen und lädt mit seinem hübschen, etwas altmodischen Cover gerade jetzt im ersten Corona-Sommer zu einer unterhaltsamen Ferienlektüre ein.

Wer nun denkt, dass wir uns in diesem Buch auf dem engen Terrain der skandinavischen Bahnstrecken oder auch ausschließlich im europäischen Schienennetz bewegen, wird positiv überrascht. Jene spontane Regionalisierung des geistigen Horizonts ist natürlich der aktuellen Lage im Reiseverkehr geschuldet, der durch die aktuelle Pandemie viele Länder und Regionen der weiten Welt als Risikogebiete markiert, die aktuell zu bereisen der gesunde Menschenverstand verbieten sollte.

Doch Anderssons Zugreise-Buch ist, wie gesagt, bereits 2019 im schwedischen Original erschienen — zu einer Zeit, als die Reisewelt, zumindest was die Gefahren einer lebensbedrohenden Virus-Erkrankung betrifft, noch in Ordnung war.

So reisen wir mit ihm also im Zug um die ganze Welt, vom Polar bis zum Orient, von Amerika bis zur Seidenstraße und wieder zurück. Wir begegnen vor allem Menschen, die wie er passionierte Zugreisende sind, hören deren Geschichten und lesen von spannenden Routen durch traumhafte Landschaften; und wir lernen das Zugfahren als die beste aller Reiseformen kennen, weil nicht zuletzt auch die Seele viel besser mit dem Zugtempo klarkommt als mit dem Flugzeug.

Anderssons Buch ist nicht nur eine Liebeserklärung an das Reisen mit dem Zug, sondern auch ein höchst inspirierendes Buch für alle, in denen das Schneller-Höher-Weiter der Wochenend-Städte-Reisen und der Flugreisen zu immer exotischeren Fernzielen eine seltsame Leere hinterlassen hat. Wer mit dem Zug reist, reist bequem, lernt nette Menschen kennen und kann das Reisen als Teil seiner Ferienzeit genießen, indem er sich zurücklehnt, aus dem Fenster schaut und die Landschaften an sich vorbeisausen lässt.

Per J. Anderssons neue Reisereportagen sind lebensnah, spannend und machen Lust, sich schon bald wieder selbst auf den Weg zu machen zu neuen Zielen und Abenteuern. Vielleicht macht man schon einmal ein paar Pläne für eine Zeit nach Corona, die es irgendwann einmal geben wird.

 

 

 

Autor: Per J. Andersson
Titel: „Vom Schweden, der den Zug nahm und die Welt mit anderen Augen sah“
Taschenbuch: 379 Seiten
Verlag: C.H.Beck
ISBN-10: 340675127X
ISBN-13: 978-3406751271