Es gibt Bücher, die können einem echt die Laune vermiesen. Das beginnt bei diesem Buch sogar schon mit dem Cover: Zu sehen ist ein Kreuzfahrtschiff-Monster am Horizont vor einer Altstadt-Kulisse. Kann eigentlich nur Venedig sein.
Seit Langem ist bekannt, dass Kreuzfahren umweltschädlich ist: Die Luxusliner fahren mit Schweröl, blasen ihren Dreck sowohl auf hoher See als auch im Hafen in die Luft, verpesten die Umwelt, erwärmen die Meere und sorgen durch die Masse von Tagestouristen für chaotische Zustände in jenen Häfen, die sie regelmäßig anlaufen.
Mit anderen Worten: Kreuzfahrer sind die Pest. Das war, genau genommen, schon immer so. Selbst die christlichen Kreuzfahrer haben, wie wir wissen, nicht nur Gottes Segen zu Muslimen und Heiden getragen, sondern auch Krankheiten und Seuchen, militärische Gewalt und die kapitalistische Wirtschaftsweise. Aber das ist ein anderes Thema. — Oder doch nicht?
Die Fakten sind den meisten Lesern bekannt; der Publizist und Autor Wolfgang Meyer-Hentrich trägt sie in diesem Buch noch einmal zusammen und bündelt den dieseligen Stoff zu einer komprimierten und spannend zu lesenden Bestandsaufnahme des touristischen Grauens. Was den technischen Fortschritt betrifft, so beschränkt er sich im Kreuzfahrt-Business auf die optimale Ausnutzung von vermietbaren Flächen und die Ausweitung von Freizeitangeboten aller erdenklichen Art.
Was jedoch die Umweltverträglichkeit und den Klimaschutz durch neue Technologien betrifft, hat sich seit den ersten KdF-Kreuzern nichts Grundlegendes geändert — außer der Größe der Pötte. Kreuzfahrten sind in! Es ist ja auch so schön bequem, sich von einem touristischen Highlight zum nächsten schippern zu lassen, derweil im Pool zu planschen oder mit Maik und Mandy um die besten Plätze am Buffet zu streiten.
Was schert mich der Eisbär, wenn mein hurtiges Luxusschiff auf der schönen Nordlandfahrt die Eisschollen so leicht wegfrickelt, als wären sie aus Papier?! Horizonte wollen erkundet, fremde Länder erobert sein! Was nach mir (und meiner Kreuzfahrt) kommt, ist die Sintflut.
Im nächsten Hafen fallen die touristischen Heerscharen dann ein, wälzen sich durch die für sie angelegten Souvenir-Meilen und sind so schnell wieder verschwunden, wie sie an Land gegangen sind. Das Problem dabei: Ein Kreuzfahrtschiff kommt selten allein. Die touristischen Hotspots sind die Autobahn-Raststätten der Cruiser; die Kreuzfahrer sin wie UFOs, sie kommen aus dem Nichts und verschwinden ins Nichts, doch sie hinterlassen jede Menge Dreck und Verwüstung.
Wer jetzt noch nicht genug schlechte Laune hat, sollte zu diesem sehr gut recherchierten und packend geschrieben Buch greifen. Kreuzfahrten sind Wahnsinn, und am Ende gibt es mehr Verlierer als Gewinner: Natur und Umwelt, aber auch die Menschen (in den Hafenstädten und an Bord) leiden unter diesem touristischen Extremfall.
Die meisten Leser dürften sich nicht zu den aktiven Kreuzfahrttouristen zählen, und doch gibt es viele, die von einer solchen Seereise träumen und dafür auch noch viel Geld bezahlen. Für sie bleibt uns Besserwissenden die Haltung des Fremdschämens: Kreuzfahren und Fliegen sind die Umweltsünden des 21. Jahrhunderts. Wer auf sie verzichtet, hat schon viel für die Umwelt getan. Das sollte man so lange weitersagen, bis es sich hoffentlich bald im kollektiven Unterbewusstsein festgesetzt hat. Hierzu kann dieses Buch einen guten Beitrag leisten.
Autor: Wolfgang Meyer-Hentrich
Titel: „Wahnsinn Kreuzfahrt — Gefahr für Natur und Mensch“
Taschenbuch: 248 Seiten
Verlag: Ch. Links Verlag
ISBN-10: 3962890319
ISBN-13: 978-3962890315