Hans Dieter Zimmermann: „Theodor Fontane — Der Romancier Preußens“

Fontane ist 2019 in aller Munde: der Grand Seigneur aus Neuruppin, der große Romancier Preußen, einer der bedeutendsten Vertreter des Bürgerlichen Realismus, Zeitzeuge und Akteur des 19. Jahrhunderts, Apotheker und Bestseller-Autor, Revolutionär und Korrespondent im preußischen Staatsdienst, Freidenker und Artikelschreiber für die erzkonservative Kreuz-Zeitung, Frauenversteher und Familienmensch, Europäer und Preuße.

So vielschichtig wie das 19. Jahrhundert, so lebendig und abwechslungsreich verlief auch das Leben von Theodor Fontane. Die biografischen Eckdaten sind weithin bekannt; die Frage ist, was Biografen aus Anlass des 200. Geburtstags des großen Romanciers am Ende des Jahres 2019 daraus machen. Zimmermanns Fontane-Buch ist insofern eine rühmliche Ausnahme, als sich nicht nur mit dem Oberflächlichen begnügt, sondern keine Mühen scheut, tief in den Archiven gräbt und auf diesem Weg zu einem stimmigen Gesamtbild kommt. So präsentiert sich dem Leser eine ungeheuer dichte und komplexe Lebensbeschreibung, die bei allem Detailreichtum nicht erdrückend wird.

Das ist vielleicht auch das Bemerkenswerteste an dieser Biografie, dass sie nicht überwältigend und einschüchternd wirkt. Der Leser läuft an keiner Stelle Gefahr, sich im Dickicht der zahlreichen möglichen Nebenwege zu verirren; stets ist der Autor in sicherer Nähe und versteht es bravourös, ihn schon bald wieder auf den Hauptweg zurückzuführen, so dass man der chronologischen Abfolge der Ereignisse mühelos folgen kann.

Wirft man einen Blick ins Inhaltsverzeichnis, so wird auf einen Blick deutlich, wie Hans Dieter Zimmer das Leben Fontanes zum Zwecke der Übersichtlichkeit in drei große Abschnitte unterteilt: die Lehrjahre, die Wanderjahre und die Meisterjahre. In der Tat ließe sich Fontanes Leben rückblickend in solche Abschnitte einteilen — die Lehrjahre des Apothekers und der ersten Versuche als Schriftsteller, dann die Wanderjahre als preußischer Korrespondent in England und Schottland und als Journalist sowie schließlich die Meisterjahre seiner späten literarischen Karriere.

Der Literaturwissenschaftler Hans Dieter Zimmermann war bis 2008 Professor am Institut für Literaturwissenschaft der TU Berlin, er war geschäftsführender Herausgeber der „Tschechischen Bibliothek“ in deutscher Sprache. Er ist Herausgeber zahlreicher Publikationen, unter Anderem von Kafka, Max Brod und über den Prager Kreis sowie von Monografien zu literaturwissenschaftlichen Themen.

Mit Hans Dieter Zimmermanns Fontane-Buch lässt sich der große Romancier Preußens in seiner Vielseitigkeit entdecken. Die meisten Leser werden mit seinem Namen vor allem den Apotheker und den Autor der Wanderungen durch die Mark Brandenburg verbinden; aus dem Schulunterricht kennt man auch noch Effi Briest, Schach von Wuthenow und vielleicht noch den Stechlin und natürlich die Birnen des Herrn Ribbeck von Ribbeck. Doch Fontane war so viel mehr als „nur“ der preußische Romancier des 19. Jahrhunderts!

Das Fontane-Jahr mit seinen zahlreichen Veranstaltungen, vor allem natürlich in Berlin und Brandenburg, aber auch deutschlandweit, ist ein guter Anlass, sich mit einer guten Biografie zu bewaffnen (zu denen Zimmermanns Buch auf jeden Fall zu zählen ist!) und sich intensiv mit dem Leben und Werk Theodor Fontanes zu beschäftigen! Es lohnt sich auf jeden Fall! —

Und wer schließlich den Menschen Fontane hinter den Texten auf diese Weise kennengelernt hat, wird sich danach (oder auch schon parallel zur Lektüre der Biografie) auch gerne wieder den Originaltexten Fontanes zuwenden, von denen die meisten in neuen und ansprechenden Sonderausgaben anlässlich seines 200. Geburtstags herausgegeben werden.

 

 

Autor: Hans Dieter Zimmermann
Titel: „Theodor Fontane — Der Romancier Preußens“
Gebundene Ausgabe: 458 Seiten
Verlag: C.H.Beck
ISBN-10: 3406734375
ISBN-13: 978-3406734373