„Unsere Gesellschaft ist gespalten und die Welt ist aus den Fugen geraten — über diese Feststellung herrscht fast Einigkeit.“ Aber ist das wirklich so? Oder machen wir uns vielleicht nur etwas vor — oder schlimmer: Wird uns vielleicht nur etwas vorgemacht?
Der deutsche Soziologe Aladin El-Mafaalani wagt in seinem aktuellen Buch eine andere These. Er ist der Überzeugung, dass genau das Gegenteil der Fall ist: „Die Gesellschaft wächst zusammen, und die Welt ist sich nähergekommen. Dadurch kommt vieles in Bewegung. Nicht alles kann gesteuert werden. Veränderungen erzeugen Spannungen und Konflikte. Niemand hat eine positive Idee davon, wohin dieser Prozess führt.“
Dies ist die Kernthese dieses wunderbar leicht zu lesenden Buches über das „Integrations-Paradox“; doch man sollte von der Leichtigkeit der Lektüre nicht auf die Leichtigkeit des Inhalts schließen. Denn dieser Text hat es in sich! Er bringt nicht nur jede Menge frischen Wind in die scheinbar festgefahrene Diskussion um die Integration von „Menschen mit internationaler Geschichte“, sondern eignet sich auch vorzüglich, um die eigenen Vorurteile über Bord zu werfen.
Nicht selten beginnen diese schon bei einer falschen Sprache. Denn wir sind es gewohnt, von „Menschen mit Migrationshintergrund“ zu sprechen oder von „Migranten“, „Flüchtlingen“ oder (vielleicht etwas besser) von „Einwanderern“. Schon an dieser Stelle erkennt man leicht, wie diskriminierend Sprache sein kann:
Wer möchte schon gern im Alltag mit einem Attribut versehen (und sogleich auf dieses reduziert) werden? Wenn jemand einen „xyz-Hintergrund“ hat, so klingt das gleich ein wenig pathologisch, zumindest problematisch. Daher kommt es nicht zuletzt, sondern von Anfang an auf die richtige Sprache an, in der man über Konflikte und ihre Lösungen diskutiert.
El-Mafaalani räumt mit vielen Vorurteilen und Missverständnissen auf. Er versteht sein Buch als einen populärwissenschaftlichen Beitrag zur Diskussion über Migration und Integration. Er möchte den Lesern einige gute Argumente an die Hand geben, wenn es wieder einmal im Freundes- und Bekanntenkreis um diese Themen und um die Frage geht, wie man damit umgehen solle. — Dabei könnte er auch ganz anders schreiben, denn als Hochschulprofessor und Mitarbeiter im nordrhein-westfälischen Ministerium weiß er sehr genau, worüber er redet.
Aladin El-Mafaalani ist 1978 im Ruhrgebiet geboren. Er studierte in Bochum Politikwissenschaft, Soziologie, Wirtschaftswissenschaft und Arbeitswissenschaft. Zunächst Lehrer am Berufskolleg Ahlen, später Professor für Politikwissenschaft und politische Soziologie an der Fachhochschule Münster, arbeitet er seit 2018 im nordrhein-westfälischen Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration in Düsseldorf.
Wir befinden uns auf dem Weg hin zu einer offenen Gesellschaft. Selbst bei uns in Deutschland ist sie noch nicht vollständig realisiert, aber wir sind schon ganz schön weit gekommen. Das Prinzip der „Offenheit“ wirkt sowohl nach innen als auch nach außen. Nach innen gewährleistet die Offenheit eine vollständige Integration und stärkere Teilhabe aller Gruppen der Gesellschaft. Hierzu zählen natürlich nicht nur die Migranten, um die es vor allem in diesem Buch geht, sondern auch Frauen, Menschen mit Behinderung, religiöse Gruppen, Menschen mit unterschiedlichen sexuellen Orientierungen und Geschlechterauffassungen usw. Teilhabe am gesellschaftspolitischen Diskurs sowie Integration in alle gesellschaftlichen Prozesse sind die Kernelemente einer solchen „inneren Offenheit“, wie sie El-Mafaalani begreift.
Nach außen ist die Offenheit gleichbedeutend mit dem Stichwort Globalisierung. Von Norbert Lammert stammt das schöne Zitat, „Globalisierung ist für die Wirtschaft das, was die Schwerkraft für die Physik ist“. Man kann sie lieben oder nicht, man kann sie nicht ignorieren oder wegdenken, sondern muss mit ihr umgehen. Dabei lässt sich die Globalisierung längst nicht mehr auf das Feld der Wirtschaft beschränken, sie ist mittlerweile überall, und das ist auch gut so.
„Äußere und innere Offenheit werden in der Figur des Migranten eins, weil sie Migration und Integration verkörpert.“ Während grenzenlose Mobilität und Migrationsbewegungen kennzeichnend für eine globalisierte Welt sind, ist eine offene Gesellschaft nach innen durch Integration aller gesellschaftlichen Kräfte gekennzeichnet, wobei die Betonung auf „alle“ liegt.
Ohne Licht kein Schatten: „Innere und äußere Offenheit führen zu Schließungstendenzen, weil Offenheit an Grenzen stößt.“ Hiermit ist nicht nur jene Ambiguitätsintoleranz gemeint, die Thomas Bauer jüngst in seinem Essay über „Die Vereindeutigung der Welt“ beschrieben und kritisiert hat; sondern es geht bei dem Gegensatzpaar Offenheit – Grenzen schlicht um eine Wechselwirkung im Simmel´schen Sinne: Grenzen sind notwendig, um Offenheit erst zu ermöglichen. Wo keine Grenzen existieren, kann es auch keine Überwindung und kein Überschreiten von Grenzen geben — und somit kein Gefühl und keine Wahrnehmung von Offenheit. „Die Grenzen sind kein Problem, sondern eine Notwendigkeit.“
Im ersten Abschnitt seines hochinteressanten Buches macht der Autor zunächst eine Bestandsaufnahme und widmet sich der Migrationsgeschichte der Bundesrepublik. „Gastarbeiter“ sollten nur vorübergehend im Lande bleiben; sie sollten arbeiten, und auf Integration wurde keinen Wert gelegt. Dann blieben sie doch länger (und manchmal bis heute), bekamen Kinder und blieben trotzdem mehr oder weniger schlecht integriert.
Dieser Blick in die Vergangenheit macht vor allem klar, wie anders es heute aussieht. Wir sind längst zu einem Einwanderungsland geworden, „in dem sich die Gesellschaft bereits weitreichend verwandelt hat und in beschleunigtem Maße weiter verändern wird“. Aus Sicht des Autors ist das nicht nur eine Tatsache, sondern er bewertet diesen gesellschaftlichen Wandel als sehr positiv: „Deutschland ist ein Einwanderungsland, eine offene Gesellschaft, in der Integration immer besser gelingt“.
Das erzeugt natürlich Irritationen und lässt die Menschen verstärkt fragen, was denn nun eigentlich „deutsch“ ist? Diese Identitätskrise ist aber genau das, was eine offene Gesellschaft braucht! Denn lebendige Gesellschaften befinden sich permanent in der Krise, sprich: im Wandel. Die Idee einer statischen und hermetischen Gesellschaft (Volksgemeinschaft), wie sie von konservativen und rechten Kräften propagiert wird, ist irrsinnig. In einer globalisierten Welt sind Mauern und Abschottung nur noch irre Visionen oder Wahlkampfthemen von Populisten.
Mittlerweile haben in Deutschland gut ein Fünftel (22 %) aller Menschen einen „Migrationshintergrund“; bei ihnen ist also mindestens ein Elternteil nicht in Deutschland geboren. Bereits heute belegt Deutschland mit 12 Mio. Menschen weltweit Platz zwei hinter den USA. Unsere Gesellschaft ist also bereits bunt! Diese Erkenntnis ist nur noch nicht überall angekommen. So gibt es auch bei uns noch weite Landstriche und ganze Regionen, in denen kaum oder nur wenige Menschen mit Migrationshintergrund leben. Ganz anders sieht es in den großen Ballungsräumen und den Großstädten aus.
Gefühlt hat sich aber gerade in den letzten Jahren sehr viel verändert. „Diese Veränderungen überfordern einen großen Teil der Bevölkerung“, weil sie von der Politik allein gelassen und von den Medien falsch informiert werden. Durch gezielte Desinformation, durch Sensations-Journalismus oder auch zum Zwecke einer populistischen Wahlkampf-Politik werden Zerrbilder propagiert, die mit der Wirklichkeit nichts oder nur sehr wenig gemein haben. Tatsache ist, dass wir längst nicht mehr in einer einzigen deutschen Kultur leben, sondern in vielen Alltagskulturen.
Der oft wiederholte Ruf der Konservativen nach einer deutschen „Leitkultur“ ist zum einen, soziologisch betrachtet, völliger Unsinn und wird zum anderen im Zusammenhang mit der Integration von Menschen aus anderen Ländern und Kulturen zu einer grotesken Forderung. Migranten „tendieren dazu, konservativ zu sein, weil sie ihre Kultur konservieren wollen“. Das ist auch leicht nachvollziehbar.
Wenn man sein Heimatland verlässt und in einem anderen Kulturraum ankommt, versucht man möglichst viel von seiner alten Kultur zu bewahren. Schließlich hat man das Heimatland nicht verlassen, weil man seine Kultur ablehnte, sondern aus anderen Gründen. Gleichwohl haben gerade Auswanderer ein „großes Verständnis für die Pflege von Sprache, Tradition, Religion und Werten“.
Umso schwieriger wird für sie die Orientierung in einer offenen Gesellschaft, die weitgehend frei von Zwängen, aber eben auch von Orientierungsmustern ist. „Entsprechend frustriert sind Neuzugewanderte, wenn sie hören, sie sollen sich anpassen, aber niemand ihnen sagen kann, woran sie sich anpassen sollen.“ In offenen Gesellschaften gibt es keine Leitkulturen, sondern „Zugehörigkeit, Identität und Kultur bleiben in jedem Fall […] dynamisch und verändern sich“.
Wenn wir von Integration sprechen, so unterliegen wir einem Trugschluss, indem wir das Bild einer voll integrativen Gesellschaft mit dem Bild einer konfliktfreien Gesellschaft identifizieren. Genau das Gegenteil ist der Fall: Je besser Integration klappt, desto konfliktreicher wird das Zusammenleben. Das lässt sich ganz einfach erklären, wenn wir uns die Gesellschaft als einen runden Tisch vorstellen, an dem alle sitzen, die in der Gesellschaft leben.
Teilhabe und Integration sind in diesem Fall synonym zu gebrauchen. Wer mit am Tisch sitzen darf, möchte auch mitreden und am Entscheidungsprozess teilhaben können. Früher waren die Plätze am Tisch exklusiv den Deutschen, den „Biodeutschen“ vorbehalten; doch in den letzten Jahrzehnten hat sich unsere Gesellschaft geöffnet und hat viele bislang diskriminierte Gruppen integriert und ihnen die Teilhabe an politischen Entscheidungsprozessen ermöglicht.
So werden nicht nur politische Entscheidungen ausdiskutiert, sondern auf diese Weise wird auch ausgehandelt, wie das Zusammenleben aussehen soll und wie sich die Kultur wandelt. Dank Inklusion und Integration besteht nun Chancengleichheit, und Menschen mit Migrationshintergrund sitzen ebenso an diesem Tisch wie Menschen mit Behinderung und andere Minderheiten.
Es ist ebenso das Zeichen einer gelungenen Integration in eine offene Gesellschaft, dass der kultivierte Prozess der gesellschaftlichen Diskurse in einem geschützten Rahmen stattfindet, der über Grenzen des Sagbaren verfügt und gleichzeitig die unvoreingenommene Offenheit des Diskurses auch durch die Wahrung einer gerechten und nicht-diskriminierenden Sprache garantiert.
„Gut integrierte Menschen streben nach Anerkennung und äußern ihre Interessen und Bedürfnisse offensiv. […] Sie treiben die Veränderungen in der Gesellschaft voran“, denn selbst in „der besten aller Welten“ gibt es nichts, was man nicht noch besser machen könnte.
Ähnlich falsch wie der Traum von der Konfliktlosigkeit einer gelungenen Integration ist die Annahme, dass es dann keinen Rassismus mehr gäbe. Sicher wäre auch hier das Gegenteil der Fall: Gelungene Integration führt wahrscheinlich sogar zu verstärktem Rassismus. Die Erklärung ist leicht zu finden, denn dank der Integration sitzen jetzt — bildlich gesprochen — mehr gleichberechtigte Leute am Tisch, mit denen man sich auseinandersetzen muss. Rassismus ist eine mögliche Form, den Anderen abzuwerten und auszugrenzen.
Die Wahnvorstellung einer „Islamisierung des Abendlandes“ ist hierbei charakteristisch für jene hilflosen Versuche eines xenophoben Rassismus. Hierbei hat die „Islamisierung“ eine ähnliche Mobilisierungskraft wie seinerzeit die Rede vom „Weltjudentum“. Doch wenn man sich die Zahlen ansieht, so kann für Europa und Deutschland von einer Gefahr der „Islamisierung“ sowieso keine Rede sein: Nur etwa 6 % der deutschen Bevölkerung (5 Mio.) sind muslimischen Glaubens, wobei auch Menschen hinzugezählt werden, die ihre Religion nur selten oder auch gar nicht praktizieren. — „Von der Islamisierung kann keine Rede sein, wohl aber von einem Bedeutungsgewinn von Menschen muslimischen Glaubens oder muslimischer Herkunft“ in Deutschland.
Ebenso wird Diskriminierung zum Problem, je weniger Diskriminierung es gibt. Das sehen wir heute an vielen Beispielen bestätigt. Wenn bereits viele (Rand-)Gruppen in die gesellschaftliche Teilhabe einbezogen sind, wird jede einzelne Diskriminierung umso ärgerlicher und unvereinbarer mit den gesellschaftlichen Forderungen nach Gleichstellung und Gleichberechtigung.
Je offener die Gesellschaft wird und je besser Integration gelingt, umso offensiver und aggressiver werden auf der anderen Seite auch die Schließungstendenzen. Sie sind die Gegenbewegung der religiösen Fundamentalisten, der Rassisten, Nationalisten und Regionalisten in unserer Gesellschaft. Eine offene Gesellschaft darf auch solche Gruppen nicht vom Diskurs ausschließen, sondern muss lernen, sich mit guten Argumenten gegen solche destruktiven Formen des Protestes zu wehren.
Was wir wirklich brauchen, so El-Mafaalani, ist eine Streitkultur. Sie allein wäre für ihn als eine „Leitkultur“ vorstellbar. Hierbei geht es keineswegs darum, Streit nur um des Streitens willen zu fördern, sondern vielmehr um eine Kultur des konstruktiven Streitens, also um einen ergebnisoffenen Diskurs aller gesellschaftlichen Kräfte. Es ist dies eine Kultur, die wir noch lernen müssen.
Konflikte bringen eine Gesellschaft voran. „Integration steigert das Konfliktpotenzial in einer Gesellschaft. Es gibt aufgrund gelungener Integration Konflikte, die es ohne Integration gar nicht gegeben hätte“, und das ist gut so! Denn Konflikte können der „Treibstoff für Fortschritt und Innovation“ sein.
Der Autor geht sogar noch einen Schritt weiter: Er bezieht sich bei der Beantwortung der Frage, was eine Gesellschaft zusammenhält, auf Karl Marx und die Klassiker der Soziologie, Max Weber und Georg Simmel, und schreibt: „Die Konflikte selbst sind es, die liberale Gesellschaften zusammenhalten. Die Vielheit in der Bevölkerung wird durch Aushandlungen und Streit zu einer Einheit.“
Wenn wir uns die sozialen Errungenschaften der Vergangenheit vergegenwärtigen — den Sozialstaat, die Geschlechtergerechtigkeit, die Demokratie, die sexuelle Befreiung oder die Menschenrechte —, so wird klar, dass sie alle das Ergebnis von Konflikten und ihrer konstruktiven Bewältigung sind. Somit wäre eine „Streitkultur die beste Leitkultur. Streitkultur und Konfliktfreudigkeit führen zu konstruktiven Konfliktlösungsstrategien. Konsens oder Kompromisse stellen sich nicht von allein ein.“
Gleichzeitig ist man nie fertig. Gesellschaften verändern sich permanent; sie sind dynamisch, und sie zwingen ihre Bürger zu einer permanenten Reflexion des Status quo. Sie erfordern auch die Anerkennung von Realitäten sowie eine erhöhte Konfliktbereitschaft.
So ist Deutschland faktisch schon lange zu einem Einwanderungsland geworden. Die positiven funktionalen Aspekte von Migration sollten (auch von den Medien) viel häufiger thematisiert werden, denn: „Eine nationale Gesellschaft, die selbst ähnlich komplex ist wie die Welt, hat enorme Vorteile. Globalisierungsgewinner leben von ihrer inneren Globalität.“
Wer jedoch in der Globalisierung die Ursache für den Verlust an Traditionen sucht, liegt falsch. Noch absurder wäre es, die Migranten für den Traditionsverlust verantwortlich zu machen. Denn „wie können Migranten dafür verantwortlich sein, dass konservative Werte und Traditionen nicht mehr gelebt werden“? Es sind nicht die Migranten, es sind wir selbst, die wir alle gemeinsam unser Lebensumfeld gestalten und unsere Kultur neu verhandeln. Alles ist im Wandel und es liegt an uns, wie wir auf diesen Wandel reagieren.
Noch einmal El-Mafaalani: “Gelungene Integration führt zu sozialen Konflikten, woraus sich ein beschleunigter sozialer Wandel entwickelt, der wiederum zu neuem Potenzial für Konflikte führt. […] Der Zugang zum Tisch ist offen — es ist keine geschlossene Gesellschaft, weder nach innen noch nach außen.“
Während demnach Integration die Offenheit nach innen darstellt, steht Migration für die Offenheit nach außen. Dadurch kristallisiert sich im Migranten das Wesen der offenen Gesellschaft. Vom deutschen Soziologen Armin Nassehi stammt das schöne Bild der Gesellschaft als die Gleichzeitigkeit von Unterschiedlichkeit. Wenn wir lernen, mit dieser Unterschiedlichkeit konstruktiv umzugehen und sie als einen Schatz zu betrachten, ändert sich die Blickrichtung radikal.
Statt uns von populistischen Medien verängstigen zu lassen und die Migration als eine Gefahr zu betrachten, könnten wir sie als Gewinn und als positive Kräfte begreifen, die unser Leben und unsere Gesellschaft bereichern, je besser sie integriert sind. Integration darf jedoch niemals als Assimilation missverstanden werden, denn Angleichung und Anpassung führten auf einen falschen Pfad. Wir brauchen keine Anpassung und Unterordnung, sondern den offenen Diskurs gleichberechtigter Partner.
Was unsere Gesellschaft wirklich braucht, sind keine Angstmacher, sondern eine positive Vision der Zukunft. Eine solche Vision „müsste kompatibel sein für eine Weltgesellschaft. Sie müsste global sein, inklusiv. […] Es wäre eine Idee des Zusammenwachsens.“
Dieses sehr engagiert und aus einer großen Praxisnähe geschriebene Buch räumt mit vielen Vorurteilen und Missverständnissen auf. El-Mafaalani führt den Leser mitten hinein in einen Themenkomplex, den die meisten nur von außen betrachten, was umso verwunderlicher ist, als die Migration ebenso wie die Globalisierung längst unseren Lebensalltag beeinflussen, ob wir das nun gutheißen oder nicht. Es sind eben — wie die Schwerkraft — Tatsachen, mit denen wir konstruktiv umgehen sollten.
Aladin El-Mafaalani hat ein mitreißendes Praxis-Buch geschrieben, das dem Leser eine Fülle von guten Argumenten an die Hand gibt, wenn es demnächst mal wieder um die „verheerenden Auswirkungen der Flüchtlingskrise“ gehen sollte. Vor allem aber befreit er uns von der (im Grunde gar nicht so) romantischen Idee einer friedlichen und statischen Gesellschaft; denn je besser Menschen aus anderen Herkunftsländern und Kulturen in unsere immer offenere Gesellschaft integriert sind, desto dynamischer wird der öffentliche Diskurs und desto schneller der gesellschaftliche Wandel.
„Das Integrations-Paradox“ ist eines der wichtigsten, ja vielleicht das beste und wichtigste Buch, das bislang zum Thema Integration geschrieben wurde. Man würde sich wünschen, dass es umgehend auf der Leseliste der Schullektüren landet und auch ansonsten möglichst viele Leser findet; denn dieses Buch hat das Potenzial, endlich ein großes Umdenken in unserer Gesellschaft anzustoßen, damit wir die Integration als unser aller Aufgabe betrachten und unsere Zukunft gemeinsam gestalten, indem wir die positive „Idee des Zusammenwachsens“ Wirklichkeit werden lassen.
Autor: Aladin El-Mafaalani
Titel: „Das Integrations-Paradox — Warum gelungene Integration zu mehr Konflikten führt“
Broschiert: 240 Seiten
Verlag: KiWi-Paperback
ISBN-10: 3462051644
ISBN-13: 978-3462051643