Franz Alt, Peter Spiegel: „Gute Geschäfte – Humane Marktwirtschaft als Ausweg aus der Krise“

Franz Alt, Peter Spiegel: "Gute Geschäfte - Humane Marktwirtschaft als Ausweg aus der Krise"Unsere Wirtschaft befindet sich in der stärksten Depression seit den 1920er Jahren. Nach der Immobilienkrise in den USA, der weltweiten Bankenkrise und der darauf folgenden Weltwirtschaftskrise scheint uns nun eine Sinnkrise zu befallen.

Viele selbst ernannte Experten haben es ja schon immer gewusst: Der Kapitalismus fresse seine Kinder. Der schöne Schein trüge; der Motten zerfressene Vorhang würde beiseite gezogen und der hässliche Krake Kapitalismus zeige nun endlich sein wahres Gesicht…

Eine solche Sicht auf die Welt beschwört eine „Systemkrise“ herauf und lässt gar den radikalen Ruf nach neuen Gesellschaftsordnungen laut werden. Dass es so weit gar nicht kommen muss, aber dass ein kritisches Überdenken eingespielter Muster durchaus gute Früchte tragen kann, dies zeigen Franz Alt und Peter Spiegel in ihrem gemeinsamen Buch „Gute Geschäfte“.

Aus dem westdeutschen Erfolgskonzept der „Sozialen Marktwirtschaft“, das uns über Jahrzehnte hinweg beispiellosen Wohlstand beschert hat, sollte nach Ansicht der Autoren ein „Social Business“ werden, das sich den neuen Gegebenheiten des 21. Jahrhunderts anpasst.

Muhammad Yunus hat es mit den Mikrokrediten seiner Grameen Bank in Indien vorgemacht. Durch die Vergabe kleinster Kredite wurden Menschen aus den ärmsten Schichten der Bevölkerung in die Lage versetzt, sich eine eigene Existenz aufzubauen. Von dieser niederschwelligen Idee profitierten vor allem Frauen, die sich im ländlichen Indien auf diese Weise aus der Endlosschleife der Abhängigkeiten vom männlich dominierten Kastensystem befreien konnten.

Peter Spiegel ist Publizist und Mitbegründer der Global Marshall Plan Initiative. Im Sommer 2008 gründete er mit dem Genisis-Institut den ersten internationalen Think-Tank für Social Business. Er geht also von einem internationalen Ansatz für den Paradigmenwechsel in der Wirtschaft aus.

Franz Alt ist seit langem bekannt als engagierter Journalist, der sich vor allem für die Nutzung erneuerbarer Energien sowie für Frieden und Menschenrechte einsetzt. Sehr interessant ist auch seine eigene Homepage http://www.sonnenseite.com/. Was beide Autoren in diesem Buch an Ideen versammelt haben, ist spannend.

Deutschland ist ein Exportland, das auf nur wenige eigene Rohstoffe zurück greifen kann. Seine Stärke liegt vor allem im Know-how, in Forschung und Entwicklung neuer Technologien und im Wissenstransfer. Nur wenn es Deutschland gelingt, diese Stärken zu erhalten, werden wir im internationalen Wettbewerb bestehen können. Hierfür müssen jedoch die Grundlagen unserer Wirtschaft neu überdacht werden.

Genau hier setzt das Social-Business-Konzept an: Anstelle des Strebens nach Gewinn-Maximierung – dem über viele Jahrtausende gültigen Grundpfeiler jeder wirtschaftlichen Bestrebung – setzen die Verfechter des Social-Business ihre Hoffnung auf die Ausrichtung auf Nachhaltigkeit und soziale Belange.

Ein globales Wirtschaftswunder durch eine Neuorientierung auf nachhaltiges und sozial verträgliches Wirtschaften, dies klingt wirklich nach Zukunftsmusik. Es gibt bereits eine Menge guter Ansätze, wie Ökonomie und Ökologie vereinbar sind und wie man trotz eines auf soziale Belange ausgerichteten Wirtschaftens (oder vielleicht gerade deswegen?) gute Gewinne erzielen kann.

Wir befinden uns jedoch in einem Teil der Welt, der zurecht als Denkfabrik für neue Weltordnungen bezeichnet werden kann. Europa und die USA sind nach wie vor die reichsten Teile der Welt. Ihre Entwicklungshilfe für die Dritte Welt wird jedoch oft an Bedingungen geknüpft, die von den Entwicklungsländern nicht zu erfüllen sind. Doch auch hier scheint es langsam ein Umdenken zu geben. Unter dem Schlagwort „Hilfe zur Selbsthilfe“ werden neue Ansätze verfolgt, die den Menschen in den Empfängerländern mehr Freiraum für den Aufbau eigener Projekte und Infrastrukturen geben sollen. Dies sind erste Schritte in die richtige Richtung. Eine pauschale Entschuldung der ärmsten Länder wäre eine weitere Voraussetzung für die Schaffung grundlegender Chancengleichheit.

In ihrem Buch zeigen die Autoren bei einer Reise um die Welt, welche neuen Ideen den sozialen Aspekt der Wirtschaft betonen und gerade durch den Fokus auf Nachhaltigkeit neue Märkte erschließen und Profit generieren können. Die Beispiele machen klar, dass eine Ausrichtung auf nachhaltiges Wirtschaften nicht gleich bedeutend ist mit einem Verzicht auf Gewinne; längst haben die Verbraucher verstanden, dass Nachhaltigkeit auf allen Ebenen Vorteile bringt: Es führt zu einer geringeren Belastung für die Umwelt, es erzeugt saubere, besser verträgliche und höherwertige Produkte und schafft zusätzliche Arbeitsplätze.

Bewusstes Handeln im ökologischen und sozialen Sinn befreit die Wirtschaft von ihrem gewinnorientierten Tunnelblick. Mit dem Social-Business-Konzept wird die Ökonomie endlich erwachsen und handelt verantwortlich.

Franz Alt und Peter Spiegel schlagen einen großen Bogen von grundsätzlicher Kapitalismus-Kritik, der Beschreibung weltweiter Kapital-Verbrechen bis hin zur Vorstellung unterschiedlichster Projekte einer intelligenteren Ökonomie und der Neuorientierung auf ein „Kapital des Vertrauens“. Schnell wird bei der Lektüre klar, dass wir sowohl unsere stagnierende Wirtschaft als auch unsere paralysierte Gesellschaft vor allem durch einen hoch wirksamen Antriebsstoff wieder in Fahrt bringen können: Verantwortung.

Wenn es gelänge, eine Kultur des Verantwortungs-Bewusstseins in Deutschland zu schaffen, dann brauchen wir uns, so die Meinung der Autoren, für unsere Zukunft und für die Zukunft der Welt keine Sorgen zu machen. Diese Philosophie klingt ebenso einfach wie vernünftig. Die Idee hat Charme. Die Frage wird sein, ob die kommende Bundesregierung in der Lage sein wird, das soziale Klima im Lande richtig einzuschätzen und die Leute dort abzuholen, wo sie stehen.

Nur mit einer neuen Aufbruchstimmung, die breiten Schichten unserer Bevölkerung aus ihrer selbst gewählten Lethargie reißt, kann Deutschland fit gemacht werden für die Zukunft. Dazu gehört auch eine gute Portion Glaube und Vertrauen. Wenn wir es jedoch schaffen, so kann Deutschland mit einer Humanen Marktwirtschaft den Weg aus der Krise schaffen und schon bald wieder nachhaltig und sozial verantwortlich „Gute Geschäfte“ machen.

 

Autor: Franz Alt, Peter Spiegel
Titel: „Gute Geschäfte – Humane Marktwirtschaft als Ausweg aus der Krise“
Gebundene Ausgabe: 263 Seiten
Verlag: Aufbau-Verlag
ISBN: 3351027079
EAN: 978-3351027070

 

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