Thomas Piketty: „Ökonomie der Ungleichheit“

Einer breiteren Öffentlichkeit wurde Thomas Piketty durch den Welterfolg seines Buches Das Kapital im 21. Jahrhundert bekannt. In seiner umfangreichen Studie belegte Piketty die These, dass die Schere von Arm und Reich immer weiter auseinandergehen wird, solange sich am kapitalistischen System nichts Grundlegendes ändert. Das Phänomen der sozialen Ungleichheit ist das Resultat einer neoliberalen und globalen Wirtschaftsordnung, deren Ziel ausschließlich in der Gewinnmaximierung liegt.

Wem Piketty´s Kapital zu umfangreich ist, der wird über das Erscheinen des vorliegenden kleinen Büchleins über die Ökonomie der Ungleichheit glücklich sein. Piketty, Professor an der Pariser École d´Économie, versucht darin kurz und prägnant die Grundzüge seiner Forschungsergebnisse nachzuzeichnen.

Hierbei legt er großen Wert auf die Verständlichkeit seiner Ausführungen, um auch den interessierten Laien über die Sachverhalte zu informieren. Dementsprechend ist die Herausgabe dieses kleinen Büchleins in der Reihe C. H. Beck Wissen mit seinen kompakten Einführungen der ideale Ort, um eine möglichst große Leserschaft anzusprechen.

Die soziale Ungleichheit, die in erster Linie das Ergebnis einer ungleichen Einkommensverteilung ist, basiert auf wirtschaftlichen Zusammenhänge, welche sich wiederum aus einem ökonomischen Narrativ ergeben, das wir uns in den westlichen Industrienationen seit einigen Jahrzehnten erzählen lassen. Es ist jenes Narrativ des freien Handels und der unsichtbaren Hand, die schon seit Adam Smith für die Selbstregelung des Marktes sorgen soll, besonders aber in jenem globalisierten Markt der unbegrenzten Möglichkeiten.

Uns wurde immer wieder das neoliberale Märchen von den Segnungen der Privatisierung aller öffentlichen Institutionen und der Ökonomisierung aller Lebensbereiche erzählt, bis wir angefangen haben, das Märchen für wahr zu halten. Die Ergebnisse dieser neuen Liberalisierung der Märkte kenne wir heute nur allzu gut: Abbau der Sozialsysteme, Prekarisierung des Alters sowie eine wachsende soziale Ungleichheit in unserer Gesellschaft.

Thomas Piketty ist Wissenschaftler. In diesem kleinen Buch beschreibt er den Sachverhalt der Ungleichheit und belegt seine Aussagen mit zahlreichen Zahlen und Verweisen auf weiterführende Hintergrundinformationen. Das Ausmaß und die Entwicklung der Ungleichheit von Kapital, Arbeit und Arbeitseinkommen bilden den ersten Schwerpunkt dieser kleinen Einführung; der zweite Schwerpunkt liegt auf den vorstellbaren Instrumenten einer möglichen Umverteilung des ungleich verteilten Kapitals. Welche Möglichkeiten hat die Politik, um der Ungleichheit mit Umverteilungsinstrumenten zu begegnen? Wie kann man den Ausverkauf stoppen und auch die multinationalen Konzerne dazu bringen, die Steuern dort zu zahlen, wo die Gewinne erwirtschaftet werden?

Diese Einführung in die Ökonomie der Ungleichheit und die Strategien zu ihrer möglichen Überwindung liest sich nicht immer leicht, denn die Sprache eines Wirtschaftswissenschaftlers ist eben nicht die Sprache, die der Mann auf der Straße spricht. Dennoch gelingt es Piketty (und vor allem seinem Übersetzer Stefan Lorenzer), die großen Linien der globalwirtschaftlichen Zusammenhänge nachzuzeichnen und die Standpunkte der unterschiedlichen Interessengruppen klarzumachen.

Wer sich am Ende durch diesen wichtigen, sehr komprimierten und theoretischen Text gebissen hat und dann noch mehr wissen möchte, wird sich mit Piketty´s Kapital im 21. Jahrhundert befassen wollen, in dem er alles noch genauer und weiter ausführt, als es in einer solchen kleinen Einführung möglich ist. Doch der perfekte Einstieg in diese komplexe Thematik der Ökonomie der Ungleichheit findet sich in diesem kleinen Buch.

 

 

Autor: Thomas Piketty
Titel: „Ökonomie der Ungleichheit“
Taschenbuch: 144 Seiten
Verlag: C.H.Beck
ISBN-10: 3406698468
ISBN-13: 978-3406698460