Wenn man sich ein Bild von einem Menschen machen möchte, so ist ein tabellarischer Lebenslauf gewiss nicht geeignet, eine realistische Vorstellung zu bekommen. Viel schneller führen Erzählungen von Menschen, die mit ihm bekannt sind, zum Ziel. Mit anderen Worten sind vor allem kleine Anekdoten in der Lage, auf angenehme Weise eine Vielzahl von Eckpunkten zu markieren, die jene Persönlichkeit und ihren Charakter umreißen.
Eine solche Annäherung an eine Berühmtheit der Deutschen Klassik liefert Dorothee Nolte in einem hübschen kleinen Büchlein, das jetzt pünktlich zu Wilhelm von Humboldt 250. Geburtstag erschienen ist.
Es geht um Wilhelm von Humboldt, den älteren der beiden Humboldts, der sein Leben in den Dienst der Bildungsreform, den Studien der Sprache und Anthropologie gestellt hatte. Ohne Wilhelm von Humboldt hätte es in Preußen keine Schulreform, keine neuhumanistischen Gymnasien und in Berlin keine Universität gegeben — zumindest nicht in dieser Form und mit einer derartig nachhaltigen Konsequenz, dass wir auch heute noch, gut 200 Jahre nach dieser Reform, von den Ideen und der Genialität dieses großen Reformers profitieren.
Doch was für ein Mensch verbirgt sich eigentlich hinter diesen öffentlichen und relativ bekannten Fakten? Wer war der Privatmensch Wilhelm? Welche Ziele verfolgte er in seinem Leben? Welchen Stellenwert hatte seine Familie? Wie sah sein Liebesleben aus? Was beschäftigte ihn? Welche Freundschaften pflegte er? Worüber machte er sich Sorgen?
Dieses kleine Büchlein gibt einen wunderbar facettenreichen Einblick in dieses Ausnahmeleben vor über 200 Jahren. Die kleinen Anekdoten reihen sich wie die Perlen einer Kette aneinander, werfen kurze Streiflichter auf Wilhelm von Humboldt, beleuchten mal dieses, mal jenes Detail, und am Ende der Lektüre hat man eine ziemlich genaue Vorstellung davon, wie es in seinem Leben zugegangen sein muss.
Hätte man nun noch einige Illustrationen eingestreut, Bildnisse von Wilhelm von Humboldt und zeitgenössische Abbildungen seiner Wirkungsstätten, so wäre dieses kleine Portrait perfekt. Aber auch so bietet dieses kleine „Lebensbild in Anekdoten“ einen erfrischenden und abwechslungsreichen Einblick in Wilhelm von Humboldt privates und öffentliches Leben.
Nach der Lektüre dürfte der Leser so neugierig auf den älteren Bruder des Weltenbummlers und Naturforschers Alexander von Humboldt geworden sein, dass er auch mal den einen oder anderen Originaltext von Wilhelm lesen möchte. Nur zu! Viele seiner Texte sind auch heute noch frisch wie am ersten Tag!
Autor: Dorothee Nolte
Titel: „Wilhelm von Humboldt — Ein Lebensbild in Anekdoten“
Gebundene Ausgabe: 128 Seiten
Verlag: Eulenspiegel Verlag
ISBN-10: 3359017331
ISBN-13: 978-3359017332