Stefan Bollmann: „Frauen, die lesen, sind gefährlich und klug“

Stefan Bollmann: „Frauen, die lesen, sind gefährlich und klug“Natürlich sind Frauen gefährlich. Das war schon immer so. Aber ganz besonders brenzlig wurde es, seitdem die Frauen auch das Lesen lernen durften. Mit dem lese kam natürlich die Leselust, denn Frauen sind ja triebgesteuerte, emotionale Wesen, denen mit Vernunft nicht beizukommen ist — meinten die Männer jener Zeit.

Der Siegeszug des Romans als literarische Gattung wäre ohne die leselustigen Frauenzimmer seiner Zeit nicht möglich gewesen. Männer lesen so etwas nicht: keine Ritterromane, keine Liebesgeschichten, kein Schmachtfetzen und billige Heftchen-Romane. Doch die Frauen lasen das alles – und noch viel mehr. Die Emanzipation der Frau, ihr Ausstieg aus ihrer (nicht ganz selbst) verschuldeten Unmündigkeit, war eng verknüpft mit der weiblichen Alphabetisierung.

Und spätestens ab diesem Punkt wurde es gefährlich für die Männerwelt: Wer lesen kann, der kann auch denken. Natürlich konnten Frauen das schon immer. Aber jetzt konnten sie ihre Gedanken auch richtig formulieren, konnten sie aufschreiben, weitergeben, teilen, sich austauschen über ihre Belange. Sie konnten sich artikulieren und ihre Ansprüche geltend machen.

Plötzlich ließen sich Frauen nicht mehr durch Männer, die schreiben und lesen konnten, einschüchtern. Plötzlich wurde ihnen das Potenzial klar, das in persönlichen Briefen steckte. Plötzlich konnten sie eine Welt außerhalb ihrer vier Wände entdecken, ohne dieselben verlassen zu müssen. Die Literatur war die Vorstufe des Fernsehens, jener Geißel der Hausfrau des 20. Jahrhunderts.

Frauen, die lesen, sind gefährlich und klug. Beispiele gibt es genügend, und Stefan Bollmann hat auch in diesem Buch wieder ein paar sehr prägnante Exemplare zusammengetragen, die beweisen sollen, was wir sowieso schon längst wissen: dass Frauen, die lesen, klug werden und gefährlich sein können.

Der Autor ist ein Wiederholungstäter. Schön mehrmals hat er seine Leserschaft vor der Sprengkraft jener brisanten Konstellation von Frau und Buch gewarnt: Titel wie „Frauen, die lesen, sind gefährlich“, „Frauen, die schreiben, leben gefährlich“ und „Frauen, die denken, sind gefährlich“ legen davon Zeugnis ab. Letztlich geht es immer wieder darum: „Warum lesen glücklich macht“, und die eine schöne Erkenntnis: eben darum!

Das reich und durchgehend vierfarbig illustrierte kleine Insel-Taschenbuch passt in jede Handtasche, sollte jedoch nicht nur von Frauen zum Zwecke der Selbstbestätigung gelesen werden. – Das wäre ja Quatsch! Frauen haben etwas Katzenhaftes: Sie wissen instinktiv, dass sie alle Königinnen sind, Klugheit und Gefährlichkeit inklusive.

Auch und gerade Männer sollten dieses Buch lesen! Als Warnung vor dem Weibe, als hübsch bebildertes und leicht zu lesendes Vademecum, als Erste Hilfe zum Verständnis der weiblichen Leselust und ihrer möglichen Folgen: „Cave feminam!“ — Und wer weiß: Vielleicht bekommt der lesende Mann auch Lust auf weitere Lektüre, um die Frau an seiner Seite besser verstehen zu können? Dies wäre nicht nur eine erfreuliche Entwicklung, sondern auch ein kluger Schachzug; denn jeder kluge Mann weiß: Frauen, die lesen, sind gefährlich und klug!

 

Autor: Stefan Bollmann
Titel: „Frauen, die lesen, sind gefährlich und klug“
Taschenbuch: 128 Seiten
Verlag: Insel Verlag
ISBN-10: 345836028X
ISBN-13: 978-3458360285