John Gaskin: „Wo Thales in den Brunnen fiel – Ein philosophischer Reiseführer in die Antike“

John Gaskin: „Wo Thales in den Brunnen fiel – Ein philosophischer Reiseführer in die Antike“Auch wenn die deutsche schreibende Zunft kräftig aufholt und dazulernt, scheint es nach wie vor das Privileg anglo-amerikanischer Autoren zu sein, spannende und gut lesbare Sachbücher zu schreiben.

Wer würde auf die Idee kommen, einen „Philosophischen Reiseführer durch die Antike“ als spannende Lektüre zu bezeichnen? Doch der nun im Primus-Verlag erschienene Titel „Wo Thales in den Brunnen fiel“ hat das Zeug zu einem echten Bestseller. Warum?

John Gaskin war lange Jahre Professor für „Naturalistic Philosophy“ am Trinity College in Dublin, bevor er begann, Vorlesungen an den antiken Originalschauplätzen in Griechenland zu halten, die großen Anklang fanden. Seine Spezialgebiete waren die klassische Philosophie, Epikur, Hobbes, David Hume sowie Religionsphilosophie.

Wie er im Vorwort schreibt, gab die große Resonanz, die er aufgrund seiner improvisierten Vorträge erhielt, den Anstoß zu jenem Buch, dessen deutsche Übersetzung durch Michael Haupt wir jetzt unter dem Titel „Wo Thales in den Brunnen fiel“ genießen dürfen: „The Traveller’s Guide to Classical Philosophy“ erschien 2011 im Londoner Verlag Thames & Hudson.

Wer sich ein bisschen mit den Vorsokratikern auskennt – und wer tut das nicht? -, der weiß natürlich, dass die (über thales lachende) thrakische Magd einfach nur zu dumm war um zu verstehen, dass Thales selbstverständlich nicht gedankenverloren als „Thales-guck-in-die-Luft“ durch die Gegend spazierte und deshalb in den Brunnen fiel, sondern dass er ganz bewusst hinab in die Zisterne stieg, um den Sternenhimmel zu beobachten.

Trotzdem ist die Anekdote über die Weltfremdheit der Philosophen geeignet, Neugier zu wecken und sich mit der antiken Philosophie zu beschäftigen. Denn was vor zweieinhalb Tausend Jahren im antiken Griechenland gedacht wurde, bildet das Fundament unserer abendländischen Kultur.

Gaskin hat seine Streifzüge durch die griechische Philosophie in drei Abschnitte unterteilt: Der erste Teil enthält kurze Texte zu Themen, die einen zu den antiken Stätten Reisenden interessieren könnten. Im zweiten Teil beschäftigt sich John Gaskin dann mit einzelnen Philosophen und ihren Ideen. Hierbei geht er in chronologischer Reihenfolge vor – von Homer bis zur Spätantike. Der dritte und letzte Teil wählt eine geographische Perspektive und stellt Wissenswertes zu einer ganzen Reihe von antiken Stätten zusammen.

Wie aus dieser kurzen Zusammenfassung deutlich wird, ist die Beschreibung als Reiseführer wörtlich zu nehmen. Wir finden in diesem schönen und spannend geschriebenen Buch alles, was man von einem guten Reiseführer erwartet: Beschreibungen der wichtigsten Orte, einen geschichtlichen Überblick über die Region sowie jede Menge Abbildungen, Zusatz- und Hintergrund-Informationen.

„Wo Thales in den Brunnen fiel“ ist zwar keine explizite Einladung zum Philosophieren, obwohl die intensive Beschäftigung mit der klassischen Philosophie fast zwangsläufig dazu führt, dass man sich selbst mit den letzten und grundlegenden Fragen beschäftigen wird. Das Buch ist vielmehr eine schöne, kurze und gelungene Einführung in die wichtigsten Strömungen der klassischen Philosophie, die mit einem Reiseführer zu den Stätten der Antike kombiniert wurde und in dem Leser Lust darauf weckt, diese geschichtsträchtigen Orte auch einmal selbst zu besuchen.

 

Autor: John Gaskin
Titel: „Wo Thales in den Brunnen fiel – Ein philosophischer Reiseführer in die Antike“
Broschiert: 215 Seiten
Verlag: Primus Verlag
ISBN-10: 3863120582
ISBN-13: 978-3863120580