Wolfgang Welsch: „Der Philosoph – Die Gedankenwelt des Aristoteles“

Wolfgang Welsch: „Der Philosoph – Die Gedankenwelt des Aristoteles“Sucht man eine Einführung in das Werk des Aristoteles, so findet man zunächst eine ganze Reihe von Angeboten. Doch schnell trennt sich die Spreu vom Weizen, und nur wenige Publikationen bleiben übrig. Ein Titel, der sicherlich in die engere Auswahl gehört, wenn nicht gar der empfehlenswerteste Titel überhaupt, ist das vorliegende Buch von Wolfgang Welsch: „Der Philosoph – Die Gedankenwelt des Aristoteles“.

Prof. Dr. Wolfgang Welsch ist seit April 2012 emeritiert, war davor jedoch jahrzehntelang als Professor für Philosophie in Bamberg, Magdeburg und Jena sowie als Gastprofessor an verschiedenen deutschen und amerikanischen Universitäten (Berlin, Atlanta und Stanford) tätig.

Mit Aristoteles hat Welsch, wie er im Vorwort schreibt, 1987 seine Publikationstätigkeit mit einer Abhandlung über die Bedeutung der „Aisthesis“ – also der sinnlichen Wahrnehmung – für Aristoteles begonnen; mit dieser Gesamtdarstellung der Gedankenwelt des Aristoteles möchte er seine letzte Publikation vorlegen.

Das gesamte Aristotelische Werk in einem einzigen Buch darzulegen, ist ein großes Vorhaben, und in diesem glücklichen Fall ist dem Autor tatsächlich ein großer Wurf gelungen.

Eine Einführung in die Gedankenwelt des Aristoteles in einem Band zu geben und dabei verständlich zu bleiben, ist auch auf 418 Seiten nicht leicht. Oft könnte der Autor der Versuchung erliegen, den komplexen Stoff zu sehr zu bündeln und zu pointiert zu formulieren, was dann einer unzulässigen Verkürzung gleichkäme.

Aber der Autor schafft es in bemerkenswert leichter und gut verständlicher Art und Weise, den Leser in das theoretische System dieses großen Philosophen und Naturwissenschaftlers (was in der Antike im Grunde dasselbe war) einzuführen.

Es ist sicherlich nicht verkehrt, schon ein gewisses philosophisches Grundwissen für die Studienlektüre mitzubringen. Eine Kenntnis des griechischen Alphabets ist nicht nötig, was sicherlich viele Studierende der Philosophie freuen wird, die nicht von einem altsprachlichen Gymnasium kommen, auf dem neben Latein auch Altgriechisch unterrichtet wurde.

Dennoch soll an dieser Stelle ein kleines Manko des vorliegenden Buches nicht unerwähnt bleiben: Bei aller Rücksicht auf den jungen Leser, der des Griechischen nicht mächtig ist, fehlen dem vorliegenden Kompendium der Gedankenwelt des Aristoteles zu seiner Vollständigkeit leider die originalen Zitate oder wenigstens die Erwähnung der wichtigsten Termini des Aristotelischen Denkens in Originalsprache.

Wohl niemand fühlte sich ausgegrenzt oder vom Lesen abgestoßen, wenn er statt „lógos“ eben „λόγος, lógos“ oder statt „thaumázein“ eben „θαυμάζειν , thaumázein“ lesen müsste. Doch dem Altphilologen wäre das Studium des Buches auf diese Weise ein noch größerer Genuss als in der vorliegenden Form.

Welsch orientiert sich in seiner Gliederung an den Schriften des Aristoteles, was nicht nur logisch, sondern auch angenehm übersichtlich ist. So werden nach einer kurzen Einführung in das Werk und in den damaligen Philosophiebegriff die einzelnen Disziplinen der Logik, Physik, Psychologie, Metaphysik, der Ethik, Politik, Rhetorik und Poetik behandelt.

Auf diese Weise erhält der Leser einen wirklich umfassenden Einstieg in das philosophische System des Aristoteles. Doch man ist natürlich nicht verpflichtet, das Buch vom Anfang bis zum Ende zu lesen. Wie in jedem guten Einführungswerk sind die einzelnen Abschnitte autark und können auch ohne die anderen Abschnitte verstanden werden.

„Der Philosoph – Die Gedankenwelt des Aristoteles“ ist eine wirklich Großtat, man kann es gar nicht anders sagen. Wer mehr über Aristoteles und seine Philosophie erfahren möchte, als die oft sehr knappen Taschenbuch-Einführungen bieten, ist mit diesem Buch bestens beraten.

Autor: Wolfgang Welsch
Titel: „Der Philosoph – Die Gedankenwelt des Aristoteles“
Gebundene Ausgabe: 418 Seiten
Verlag: Fink (Wilhelm)
ISBN-10: 3770553829
ISBN-13: 978-3770553822