Nicholas Goodrick-Clarke: „Im Schatten der schwarzen Sonne“

Nicholas Goodrick-Clarke: "Im Schatten der schwarzen Sonne"Kulte und okkulte Symbole gehen seit jeher eine enge Verbindung ein. Symbole werden durch Kulthandlungen gemeinschaftlich erlebbar, und Kulthandlungen ohne eine kräftige Symbolik wirken seltsam fad und blutleer.

Es ist hinlänglich bekannt, dass der Nationalsozialismus im Dritten Reich von Anfang an Symbole aus arischen Mythen und Kulten bewusst zur Verstärkung seiner die Massen faszinierenden Wirkung eingesetzt hat. Nicholas Goodrick-Clarke hat ein dickes und schlaues Buch über „Die okkulten Wurzeln des Nationalsozialismus“ geschrieben, das in aller Ausführlichkeit dieses bislang wenig erforschte Thema behandelte.

Leider war 1945 der Spuk des Nationalsozialismus nicht vorbei. Bis heute erfreut sich der rassistische Blick auf die Welt einer regen Gefolgschaft. Gerade in den USA, aber auch in vielen anderen Teilen der Welt und nicht zuletzt bei uns in Deutschland, ist die Neonazi-Szene wieder sehr lebendig.

Nicholas Goodrick-Clarke hat jetzt in dem vorliegenden Buch „Im Schatten der schwarzen Sonne“ (Untertitel: Arische Kulte, Esoterischer Nationalsozialismus und die Politik der Abgrenzung) den zweiten Teil seiner Studie vorgelegt. Während sich der Nationalsozialismus im Dritten Reich als ein einziger Kult darstellte, der zentralistisch auf den „braunen Messias“ Adolf Hitler ausgerichtet war, so sind die okkulten Wurzeln der vielen neonazistischen Strömungen unserer Zeit vielschichtiger.

Auf 576 Seiten gibt der Autor zahlreiche Einblicke in die fremde und befremdliche Weltsicht der Nazi-Jünger unserer Zeit. Es liest sich wie eine Mischung aus New Age, nordischen Kulten und UFO-Mythen. Der Leser macht die zweifelhafte Bekanntschaft mit Nazi-Satanisten, dem Neuen Atlantis, heidnischen Riten und Teilen der Heavy-Metal-Szene. Er trifft auf Wilhelm Landing und seine „Esoterische SS“, lernt Savitri Devi kennen, die davon überzeugt ist, das Hitler ein Avatar ist/war und erfährt sowohl etwas über Julius Evola und das Kaliyuga als auch über Miguel Serrano und seinen esoterischen Hitlerismus. Im Text fliegen einem nur so die Swastikas, Runen und viele andere archaische Symbole um die Ohren.

Verschwörungstheorien scheinen eine besondere Vorliebe rechts-denkender Fanatiker zu sein. Das passt gut zusammen, und selbst die Idee, das vor 735.000 Jahren Kolonisten vom Aldebaran auf der Erde gelandet sein könnten und hier „Sklaven“ gezüchtet haben sollen, erscheint manchen Vertretern ultrarechten Gedankenguts (hier Jan van Helsing) als nicht unwahrscheinlich.

„Absoluter Schwachsinn“ denkt man zunächst; doch der Autor Goodrick-Clarke schafft es als Historiker mit Anspruch, diese wirren Hirngespinste verblendeter Neonazi dem Leser in ihrem Kontext verständlich zu machen., Es sind keine fixen Ideen, die hier präsentiert werden, sondern dieser neonazistische Irrsinn hat durchaus System. Somit nimmt die Lektüre des Buches „Im Schatten der schwarzen Sonne“ den Leser mit auf eine beklemmend-faszinierende Reise in eine fremde und seltsame Gedankenwelt, die jene wilde Mischung aus Science-Fiction, Verschwörungstheorien und menschenverachtenden Rassismus’ rechtsextremer Gruppierungen in aller Welt ausführlich und faktenreich portraitiert. – Lektüre uneingeschränkt empfehlenswert.

Autor: Nicholas Goodrick-Clarke
Titel: Im Schatten der schwarzen Sonne
Gebundene Ausgabe: 576 Seiten
Verlag: Marixverlag
ISBN: 3865391850
EAN: 978-3865391858

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