Leon de Winter: „Das Recht auf Rückkehr“

Leon de Winter: "Das Recht auf Rückkehr"Wir schreiben das Jahr 2004. Bram Mannheim ist Historiker. Mit seiner Frau und dem jungen Sohn Benjamin lebt er in Tel Aviv, einer Stadt, die immer wieder durch Bombenanschläge erschüttert wird und in der die latente Angst vor der unberechenbaren Gewalt mit Händen greifbar ist. Die Gefahr ist allgegenwärtig, und jederzeit kann das eigene Leben durch eine Bombe oder durch einen Raketenangriff beendet werden.

Zwanzig Jahre später, im Jahr 2024, sieht alles nur noch schlimmer aus. Der Staat Israel ist auf einen schmalen Streifen am Meer zusammen geschrumpft, und jeder, der kann, ist längst von hier weg gezogen. Bram aber bleibt hier, arbeitet beim Rettungsdienst und ist bei den vielen Terroranschlägen ständig im Einsatz. Gleichzeitig versucht er mit seiner Agentur, verschwundene und gekidnappte Kinder wieder ausfindig zu machen und von den Arabern zurück zu kaufen.

In der Zeit dazwischen geht die Familie nach Princeton an die amerikanische Ostküste, wo Bram eine Professur an der Universität annimmt. Eines Tages ist sein Sohn Bennie spurlos verschwunden. Bram Mannheim wird fast wahnsinnig vor Angst um seinen Sohn; er lässt alles hinter sich – Arbeit, Familie, Freunde – und sucht in den gesamten Vereinigten Staaten nach seinem Sohn. Erfolglos.

Wieder zurück im Jahre 2024 erschüttert eine neue Welle von Selbstmordanschlägen das Land, und Bram kommt ein fürchterlicher Verdacht. Sollte sein Sohn gar noch am Leben sein? Die Nachforschungen führen ihn bis ins ferne Kasachstan und in die Niederlande.

Mit seinem neuen Roman „Das Recht auf Rückkehr“ hat Leon de Winter ein belletristisches Meisterwerk abgeliefert. Von Anfang an wird der Leser in die packende Geschichte hinein gezogen und erlebt mit der Familie Mannheim den Irrsinn und die Instabilität eines Lebens in der ständigen Angst vor dem Terror. Es ist das Leben der meisten Israelis in unserer Zeit. Die Spannung bleibt von der ersten bis zur letzten Seite erhalten und fesselt den Leser an dieses Buch. Sie werden es nicht mehr aus der Hand legen!

Meisterhaft sind die Passagen, in denen der Autor die Szenerie und das Chaos kurz nach einem Bombenanschlag auf eine Kindertagesstätte beschreibt: die Verwirrung und Verzweiflung der gerade noch mit dem eigenen Leben Davongekommenen und die Wut auf die feigen Attentäter und die eigene Hilflosigkeit wurden kaum jemals besser geschildert als in diesem Roman.

Immer wieder werden auch die Fanatiker der monotheistischen Religionen als die eigentlich Schuldigen für diesen offenen Konflikt um den Staat Israel beschrieben. Ihre blinde Gläubigkeit, die sich mit einem regelrechten Killerinstinkt paart, der die eigene Erlösung nur im Märtyrertod findet, heizt den Konflikt immer weiter an und lässt die Gewaltspirale zwischen Arabern, Palästinensern und Israelis scheinbar niemals enden.

Die Geschichte lebt von der Hauptperson Bram Mannheim. Ihre Schilderung ist dem Autor derartig gut gelungen, dass man im Laufe des 550 Seiten starken Buches den Protagonisten immer besser kennen lernt und am Ende glaubt, ihn wirklich als reale Person zu kennen.

„Das Recht auf Rückkehr“ ist ein sehr politisches Buch, das jedoch zum Glück ohne direkte Proklamationen politischer Forderungen auskommt. Die prekäre Situation des Staates Israel und seiner Bürger wird durch den Lauf der Handlung deutlich gemacht und spricht für sich selbst. Die sich daraus ergebenden politischen Forderungen werden dem Leser von selbst klar.

Nach der Lektüre dieses Buches wird man die täglichen Nachrichten von Bombenanschlägen terroristischer Gruppen und israelischen Vergeltungsschlägen mit anderen Augen sehen. Das Verständnis für die Probleme beider Seiten wächst.

Aber Leon de Winters Buch wird auch für Krimi-Freunde und für Leser spannender Literatur eine wahre Freude sein. Die Geschichte hat „Drive“ und verbindet gekonnt bekannte Elemente aus unserem Alltag mit den möglichen technologischen Entwicklungen der nahen Zukunft.

Leon de Winter hat mit „Das Recht auf Rückkehr“ nicht nur einen brandaktuellen Beitrag zur Lage Israels geliefert, sondern auch eine Geschichte über die mögliche Zukunft dieses immer wieder bedrohten Staates geschrieben, der eine große Diskussion auslösen dürfte.

Prädikat: uneingeschränkt lesenswert!

Autor: Leon de Winter
Titel: „Das Recht auf Rückkehr“
Gebundene Ausgabe: 560 Seiten
Verlag: Diogenes
ISBN-10: 325706733X
ISBN-13: 978-3257067330

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