Franz Liszt war der Superstar der Klassik des 19. Jahrhunderts. Er wurde am 22. Oktober 1811 in Raiding/Doborján, das seinerzeit im ungarischen Kronland des Kaisertums Österreich lag und heute zum Burgenland gehört, geboren. Zum Anlass dieses 200. Jubiläums erscheint eine Vielzahl an Publikationen über Franz Liszt, die sein Leben und Werk aus den verschiedensten Blickwinkeln und mit unterschiedlicher literarischer Qualität beleuchten.
Eine Neuerscheinung sei hier exemplarisch für viele andere vorgestellt – die bei LangenMüller erschienene Biografie von Gerhard Tötschinger mit dem Titel „Franz Liszt – Vom Dorf in die Welt“.
Warum gerade dieses Buch? Vielleicht gerade weil es nicht von einem Fachmann geschrieben wurde, sondern von einem Liebhaber der Lisztschen Musik.
Gerhard Tötschinger ist eben kein Musikwissenschaftler, sondern Schriftsteller, Theatermann, Regisseur und – Ehemann von Christiane Hörbiger. Wenn Sie sich jetzt einen stattlichen Mann im besten Alter mit einem grauweißen Vollbart und einem freundlichen Gesicht vorstellen, haben Sie ein imaginäres Bild des Autors vor Augen.
Wenn Sie sich hingegen einen schlanken, ja geradezu drahtigen Künstler mit einem kantigen Gesicht vorstellen, dessen Finger im Verhältnis zu seiner Körpergröße von nur knapp 169 cm überlang geraten sind und der mit seinem hellem bis weißem Haar eine Frisur trägt, die man ohne Übertreibung als „Künstlermähne“ bezeichnen könnte, dann sehen Sie auf den großen Komponisten und begnadeten Pianisten Franz Liszt.
Legendär waren Liszts Konzerte, in denen er nicht nur einfach seine neuen Kompositionen präsentierte, sondern frei improvisierte und auf diese Weise sein Publikum verzauberte. Sein Ruhm ging ihm schnell voraus, und so zog es bereits den jungen Liszt in die weite Welt hinaus.
Franz galt schnell als Wunderkind, und sein Vater Adam förderte die Begabung seines Sohnes, ähnlich wie Leopold Mozart die Begabung des kleinen Wolfgang Amadeus, indem er nicht nur die besten Musiklehrer engagierte, sondern das Talent seines Sohnes schon bald einem größeren Publikum zugänglich machte.
Und so zogen die Liszts zunächst nach Wien und von dort nach Zwischenaufenthalten mit Konzerten in München, Augsburg, Stuttgart und Straßburg weiter nach Paris. In den Jahren 1824 bis 1827 bereiste der „Wunderknabe“ mit seinem Vater mehrmals England und gab sogar einige Konzerte auf Windsor Castle.
Der Aufstieg zum international anerkannten und sowohl von seinen Musikerkollegen als auch vom Publik bewunderten „Star“ war nicht mehr aufzuhalten. Und doch stürzte Liszt in eine tiefe Lebenskrise, als sein Vater auf einer dieser frühen Reisen erkrankte und 1827 im Alter von 50 Jahren starb.
Franz Liszt war damals 15, und der plötzliche Verlust des omnipräsenten und auch recht dominanten Vaters war ein tiefer Einschnitt in seinem Leben.
Gerhard Tötschinger erzählt diese Geschichten wie auch den gesamten Lebensweg Franz Liszts aus einer respektvollen Distanz, die jedoch durch die liebevolle Zuneigung des Autors zu dem Künstler erwärmt wird. Dementsprechend angenehm und unterhaltsam liest sich dieses Buch.
Wie alle Bücher über Musik oder das Leben und Werk von Musikern leidet auch diese Biografie von franz Liszt unter dem Makel der Stummheit. Es fehlen die musikalischen Beispiele, die dokumentieren, wie genial der Künstler in seinen Kompositionen Melodien arrangiert und in freiem Spiel assoziativ improvisiert hat.
Doch dieses Problem hat der Verlag LangenMüller hervorragend gelöst: Denn zu dem Buch gibt es auch eine Hörbuch-Version; auf den 2 CDs mit einer Gesamtlänge von ca. 156 Minuten liest nicht nur der Autor selbst seine „Liebeserklärung“ an einen großen – vielleicht den größten Komponisten des 19. Jahrhunderts, sondern das Hörbuch liefert auch einige schöne Klangbeispiele aus dem musikalischen Oeuvre Franz Liszts, aus dem „Liebestraum“, aus der „Ungarischen Rhapsodie“ und aus „Les Préludes“.
Daher sollten Sie auf jeden Fall beide Versionen (Buch und Hörbuch) der Liszt-Biografie von Gerhard Tötschinger kaufen.
Autor: Gerhard Tötschinger
Titel: „Franz Liszt – Vom Dorf in die Welt“
Gebundene Ausgabe: 110 Seiten
Verlag: Langen/Müller
ISBN-10: 3784432603
ISBN-13: 978-3784432601