Georg Schramm: „Lassen Sie es mich so sagen“

Lassen Sie es mich so sagen: Wer Georg Schramm kennt, weiß, was auf ihn zukommt, wenn er dieses Buch liest. Wer ihn nicht kennt, wird ihn kennen lernen.

Dombrowski deutet die Zeichen der Zeit. Dies verspricht der Untertitel dieses Machwerks. Und, meine Damen und Herren, so viel sei hier schon einmal verraten, der Untertitel verspricht nicht zu viel. Genauer gesagt, ist dieses Buch eine Sammlung von Redebeiträgen und Ausschnitten aus öffentlich dargebotenen scharfsinnigen Einschätzungen der Gegenwart in diesem Lande, na bitte sehr.

Schramms beißende Polemik und seine vernichtenden Kommentare zur Schieflage der Nation dürften ja wohl landesweit bekannt sein. Seine regelmäßigen Gastauftritte in der einzig akzeptablen Satiresendung des Deutschen Reiches („Neues aus der Anstalt“) waren legendär. „Waren legendär“ und sind jetzt nur noch Legende, weil Georg Schramm sich leider dieser seiner medialen Verantwortung entzogen hat, nachdem er im Juni 2010 das letzte Mal in der Live-Sendung des ZDF aufgetreten ist. Die Entscheidung „sei ihm nicht leicht gefallen“, betont Schramm in seiner Stellungnahme gegenüber dem ZDF.

Doch zum Glück ist ja dieses Buch erschienen, und das kann man lesen und sich dabei den rechtschaffenen Dombrowski mit der Kassenbrille vorstellen, wie er da seine Rede (wie z.B. zur Verleihung des Kleinkunstpreises) hält oder seine Reden schwingt.

Georg Schramm ist nicht mehr Insasse der „Anstalt“, aber unter (verfassungsdienstlicher) Beobachtung dürfte er dennoch sein.

Seine politischen Beiträge sind derart direkt und radikal, dass einem das „Hahaha“ im Halse stecken bleibt. Das ist manchmal nahe an der Grenze zum Aufruf zur Gewalt („Thomas Bernhard hätte geschossen“), und seine wütenden Attacken gegen so manche Ikone (oder Zielscheibe) des öffentlichen Lebens (Merz, Ackermann, Pischetsrieder,…) erfrischen den Geist und befreien die schwer beladene Seele des Zuhörers bzw. Lesers von den Schlacken des Alltags.

Wir (das Volk) lassen uns schon viel zu lange viel zuviel gefallen. Früher hätte man mit solchen Halunken…

Wir haben also dieses Büchlein, das in seiner Hardcover-Variante bereits 2008 erschienen ist. Nun also als Taschenbuch im Heyne-Verlag, so dass ein jeder Bürger mit Verstand es in einer Jackentasche mit sich zu führen in die Lage versetzt wird.

Wie seinerzeit das kleine rote Büchlein des Großen Vorsitzenden Mao, so hilft uns das blauweiße Buch des Großen Vordenkenden Georg Schramm, nicht den Verstand zu verlieren in diesem berlinrepublikanischen Alltag.

Wenn es zu dicke kommt, schnell das Buch gezückt, wahllos eine Seite aufgeschlagen und laut in der Öffentlichkeit deklamiert: „Das Unheil kam schon immer aus dem Süden. Hitlers Germanen kamen auch alle aus Bayreuth, und er selbst war ein von seinen Hormonen gedemütigter Katholik aus Österreich.

Dieser beliebige Satz mag zwar nicht in allen Lebenssituationen passen, aber er wird die Zuhörer zumindest verblüffen und für ein paar Augenblicke mundtot machen. Nach der Lektüre dieses Buches sieht man die Gegenwart mit anderen Augen. Man kann sich auf diese Weise hervorragend die Zeit vertreiben, bis Herr Schramm sich mit seinem Soloprogramm in die Nähe der eigenen Heimatstadt bewegt. (Die Termine kann man auf seiner Homepage verfolgen.)

Und dann schlägt man erbarmungslos zu, kauft sich ein Ticket, sieht den Leibhaftigen leibhaftig und macht sich einen schönen Abend.

Na dann, guten Abend!

Autor: Georg Schramm
Titel: „Lassen Sie es mich so sagen… – Dombrowski deutet die Zeichen der Zeit“
Taschenbuch: 272 Seiten
Verlag: Heyne Verlag
ISBN-10: 3453600924
ISBN-13: 978-3453600928

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